Es war das Schulfach, in dem Gemüse geschnitten und Fleisch gebraten wurde: Hauswirtschaft gehörte lange zu den praktischen Fächern der Sekundarschulzeit. Theorie gab es am Rande. Beispielsweise thematisierten Lehrpersonen Ernährungspyramide oder Nahrungsmittelketten.
Jetzt steht das Fach vor einer grossen Veränderung: Viele Kantonen führen auf der Sekundarstufe den Lehrplan 21 ein. Dieser will den Jugendlichen nicht mehr nur praktische Fähigkeiten für die Haushaltsführung vermitteln, sondern sie umfassender auf den Alltag eines Erwachsenen vorbereiten.
Stressbewältigung und Steuererklärung
Im neuen Fach «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt» sollen die Kinder zwar nach wie vor lernen, wie Nahrungsmittel zubereitet werden. Mit der Umbenennung kommen aber auch neue Inhalte dazu: Themen wie Konsumverhalten oder rechtliche Fragen.
Eine Chance in dieser Umstellung sieht Vanessa Affolter. Sie ist Lehrerin einer 7. Klasse an einer Schule im Kanton Bern, welche auf dieses Schuljahr den Lehrplan 21 umsetzt.
Für sie bedeuten die neuen Kompetenz-Ziele, dass sie im Unterricht nebst Ernährung auch konkrete Themen wie Jugendverschuldung, Steuererklärung oder Stress und Stressbewältigung behandelt.
Der Schulstoff sei zwar mehr geworden, gleichzeitig habe man aber auch länger Zeit. «Es ist die grosse Chance dieses Faches, dass wir den Schüler Dinge mitgeben, die sie nach der Schulzeit brauchen», sagt Affolter.
Mehr Zeit an den Pulten
Durch die Änderung des Faches weicht das Lernen mit den Händen zu einem grossen Teil dem Theorieunterricht. Im Kanton Bern findet nur noch etwa ein Drittel des Unterrichts in der Schulküche statt.
Das ist die viel geäusserte Kritik, wie sie auch Affolter kennt und ebenfalls übt: «Es würde den Schüler guttun, mehr praktisch zu arbeiten. Sie sitzen sehr häufig an ihren Pulten und lesen.»
Das alte Fach genoss aber nicht nur einen guten Ruf. «Hauswirtschaft wurde teilweise von anderen Lehrpersonen belächelt», sagt Vanessa Affolter. Die Änderung verleihe dem Fach eine grössere Relevanz.
Kantönligeist auch beim Lehrplan 21
Für die Umsetzung des neuen Lehrplans ist jeder Kanton selbst verantwortlich. Wie der Kanton Bern verteilen viele Deutschschweizer Kantone die Lektionen des neuen Faches über drei Jahre.
Einige wenige Kantone haben der Kritik mehr Gewicht gegeben: Sie benennen das Fach zwar um. Angesichts ihrer Stundenpläne besuchen die Schüler den Unterricht aber trotzdem hauptsächlich in den Schulküchen.