«Hinauf zum Berg der Freude, den müden Pilger führ», heisst es in einem alten Pilgerlied von Ziteil. Der Weg hinauf zum Wallfahrtsort ist tatsächlich beschwerlich.
Oben auf 2434 m. ü. M. ist die Luft frisch und kühl. Wer hier hinauf pilgert, muss zu Fuss gehen. Es gibt keine Fahrstrasse. Das entschleunigt.
Atmosphäre einer Berghütte
Die Stimmung an diesem Wochenende ist aufgeräumt, ja fröhlich. Jugendliche sitzen vor der Kirche in der Sonne, schwatzen und flirten. Einige Familien sind gekommen, eine gemischte Schar.
Die Wallfahrtskirche Ziteil ist im Lauf der Zeit immer wieder vergrössert worden. Zum Wallfahrtsort Ziteil gehört auch ein Berggasthaus. Es erinnert an eine SAC-Hütte. Nur dass die Menschen hier oben keine Bergtour unternehmen, sondern spirituelle Höhenflüge anstreben.
Ein Unterländer als Hüter der Wallfahrt
«Hier hebt man während der Messe ab», sagt Pfarrer Paul Schlienger. Für ihn ist Ziteil ein Kraftort. Schlienger ist ein Auswärtiger, im Kanton Aargau aufgewachsen.
Bereits als Kind ist er mit seiner Familie regelmässig nach Ziteil gekommen. Eine Tradition. Heute ist er Pfarrer unten in Stierva und damit der Hüter von Ziteil. Eine Fügung Gottes.
Pfarrer an Herd und Altar
«Das Gastgewerbe kommt mir hier zugute», betont Paul Schlienger. Er ist ein Spätberufener. Zuerst hat er Koch gelernt, erst später wurde er zum Priester geweiht. Heute geniesst er es, auch einmal am Herd zu stehen und nicht nur am Altar.
Die Mahlzeiten für die Pilger in Ziteil bereitet er selber vor, Kuchen und Gebäck inbegriffen. Ein Team von Freiwilligen geht ihm an den Wochenenden zur Hand.
Mutter Jesu auf der Alp
Begonnen hat die Geschichte von Ziteil mit einer Erscheinung. Die Heilige Maria, die Mutter Jesu, soll im 16. Jahrhundert zuerst einer jungen Frau, dann einem Hirten erschienen sein.
Ihre Botschaft: Kehrt um und betet. Das entspricht durchaus der Botschaft Jesu von Nazareth in den Evangelien.
Wenn Engel bauen
Bald ranken sich Legenden um die Erscheinung. Maria soll das Volk aufgefordert haben, am Ort der Erscheinung eine Kapelle zu bauen.
Die Leute legen etwas weiter unten Steine für den Bau bereit. Doch dann hätten Engel die Steine während der Nacht hinauf an den Ort der Erscheinung getragen.
Gegen das «böse Fieber»
Die Marienerscheinungen und Legenden erhalten in einem katholischen Gebiet im Zeitalter der Reformation noch eine andere Bedeutung. Mit dem «bösen Fieber», welches das Volk befallen haben soll und dem Ruf zur Umkehr dürfte auch der neue Glaube der Reformation gemeint sein.
Will heissen: Lasst Euch nicht beirren, haltet am herkömmlichen Glauben fest und bekundet ihn durch Wallfahrten.
Pilgern ist in!
Heute entspricht die Wallfahrt einem anderen Zeitgeist. Raus in die Natur, hin zu Kraftorten, lautet das Motto. Dem entsprechen die Ruhe, die Abgeschiedenheit und die grünen Alpweiden in Ziteil.
Gibt es auch Wunder? Paul Schlienger meint: «Es gibt Wunder, auch heute». Und fügt vielsagend hinzu: «Die Leute hier oben reden nicht viel.»