Vor 212 Jahren findet bei der Burgruine Unspunnen bei Interlaken das erste Unspunnenfest statt. Fröhlich wird bei diesem Alplerfest gefeiert, gejodelt – und gestossen. Der Wettbewerb im Steinstossen gehört seit dem ersten Unspunnenfest 1805 dazu.
Damals wurde aber der erste «Chemp» – ein schwerer Stein – nicht nur geworfen, sondern auch gestohlen. Die Vermutung nach dem Diebstahl: Ein Bauer hat ihn zum Schleifen seiner Sensen mitgenommen.
Gleicher Wettkampf, neuer Stein
Drei Jahre später findet das zweite Unspunnenfest statt. Mit einem neuen Stein. Alles klappt, der Wettbewerb wird ausgetragen. Auch rund 100 Jahre später, beim dritten Unspunnenfest wird derselbe Stein geworfen.
Doch am 3. Juni 1984 wird der Stein aus dem Touristikmuseum in Unterseen gestohlen. Es ist ein subversiver politischer Akt der Béliers, der jurassischen Separatisten. Sie setzen sich seit der Gründung des Kantons Jura 1979 dafür ein, dass alle französischsprachigen Gemeinden im Kanton Bern zum Jura wechseln.
Jahrelang bleibt der Stein verschollen. Bis die Béliers ihn 2001 medienwirksam an Shawne Fielding übergeben, der Frau des damaligen Botschafters Thomas Borer.
Doch der Stein ist für den Wettbewerb unbrauchbar. Die Béliers haben nämlich ihr Emblem eingemeisselt – zwölf Europa-Sterne. Und das Datum der legendären Abstimmung zum europäischen Wirtschaftsraum von 1992. Die tiefen Sterne reissen den Sportlern die Hände auf.
Taucht der Stein heuer wieder auf?
Deshalb kommt der Unspunnenstein ins Grand Hotel Victoria-Jungfrau, als Ausstellungsstück, befestigt an einer Eisenkette.
Doch die jurassischen Separatisten stehlen den Stein erneut. 2005, zwei Wochen vor dem Unspunnenfest. Seither ist der «Chemp» von 1808 verschollen.
Vielleicht taucht er heuer wieder auf. Denn die jurassischen Separatisten sind seit Juni etwas ruhiger, seit Moutier nicht mehr zu Bern, sondern zum Jura gehört.
Sendung: SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 25.08.17, 06.20 Uhr