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Weltbewegende Geschenke Cristina Kirchner und das Maskottchen vom Comandante

Ein Hund macht Politik: Nach einer Operation präsentierte sich Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner als Tierfreundin. Ihr neues Maskottchen heisst Simón, ist ein Geschenk aus dem Nachlass von Hugo Chávez und weit mehr als ein kuschliges Schosshündchen.

Besonders gut ging es Argentiniens Präsidentin in den letzten Monaten nicht. Das Volk klagt über Wirtschaftskrise und Inflation, bei den letzten Parlamentschaftswahlen erlebte ihre Regierung ein herbe Schlappe, während Cristina Kirchner selbst wegen einer Operation anderthalb Monate pausieren musste. Mitte November dann das Comeback – mit einem selbstgedrehten Youtube-Video und einem neuen Maskottchen.

Serie: Weltbewegende Geschenke

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Zum Auftakt des neuen Jahres gehen wir auf Weltreise: SRF-Korrespondentinnen und -korrespondenten stellen besondere Geschenke vor, die Land und Leute bewegten: ein Hund, der das politische Image aufbessern soll, eine Buddha-Statue, die mitten in Lappland steht oder eine Giraffe, die Furore macht.

Weisser Welpe statt Trauerkleidung

Ein Hundewelpe, schneeweiss wie die Bluse seiner neuen Herrin. Seit 2010, als Mann und Amtsvorgänger Néstor Kirchner starb, hatte sie nur Trauerschwarz getragen. Ihr neuer Gefährte sei ein Geschenk von Hugo Chávez und wurde nun vom Bruder des verstorbenen Ex-Comandante überbracht. «Nicht an den Haaren ziehen, sonst brechen wir die Beziehungen zu Venezuela ab!» Ein Zwinkern in die Kamera, ein versöhnlicher Blick zu ihrem neuen Schützling: «Nicht, dass es wieder heisst, die Chavisten seien böse.» Simón soll das Maskottchen heissen, denn es gehört zu einer speziell venezolanischen Rasse – der Mucuchíes.

Schosshündchen mit Kämpfernatur

Seite an Seite mit dem Freiheitsheld Simón Bolívar habe ein Mucuchíes Anfang des 19.Jahrhunderts gegen die spanischen Besatzer gekämpft – in der historischen Schlacht von Carabobo, in der Südamerika schliesslich die Unabhängigkeit errang. «Signalisiert werden soll, dass die Regierung Kirchner weiter auf ihre Politik der Union und Emanzipation innerhalb Lateinamerikas setzt», analysiert der Journalist Diego Leonoff.

Simón, Rassehund von der Natur eines selbstlosen Kämpfers, aber gleichzeitig niedliches Schosshündchen, das sich schutzsuchend an seine fürsorgliche und volksnahe Herrin schmiegt: das perfekte Accessoire für Cristina Kirchner, die vor ihrer Auszeit als autoritär und streitsüchtig kritisiert wurde.

Ein Herz fürs politische Tier

Von Queen Victoria bis Barack Obama – schon viele haben ihr Herz für den treuen Vierbeiner politisch wirksam in Szene gesetzt. In Argentinien waren das zuerst Juan Domingo und Evita Perón und ihre Pudel. Die symbolisierten das Sinnbild des treuen Gefährten, umso mehr als Perón später ins Exil flüchtete.

Peronistin Kirchner beherrscht die entsprechende Symbolik perfekt – das Volk reagiert mit gemischten Gefühlen: Von der schunkelnden Cumbia-Hymne an den «peronistischen Hund» auf Youtube bis zum eigenen Twitter-Hashtag, unter dem ironisch die «Verstaatlichung aller Tierfutterunternehmen» oder «Simón for President, Cristina an die Leine!» gefordert wird. Aber auch an ernsthafter Kritik mangelt es nicht: «Krise überall und die Präsidentin präsentiert uns einen Hund. Eine Unverschämtheit!»

Bolivars Muchuchíes-Hund starb damals, durchbohrt von einer feindlichen Lanze, erklärt Kirchner betroffen und winkt mit Simóns Pfötchen in die Kamera: «Simón, geh jetzt schlafen. Ich mache mich an die Arbeit!». Am nächsten Tag tauscht die Staatschefin ihr halbes Kabinett aus. Kuschelweich auf der einen, harte Hand auf der anderen Seite: Ob der Simón-Kurs dem «Kirchnerismus» aus der aktuellen Krise hilft, bleibt dahingestellt. Aber wer weiss … die Geschichte wird es zeigen.

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