- Die Feministin Iris von Roten würde am 2. April 2017 ihren 100. Geburtstag feiern.
- 1958 veröffentlichte sie ihr provokantes Manifest «Frauen im Laufgitter» – und gilt seither als Vordenkerin des Feminismus in der Schweiz.
- Ihre Forderungen sind aber auch über die Schweiz hinaus und bis heute aktuell, sagt Zeitzeugin und Historikerin Elisabeth Joris.
Eine Dame macht Autostopp
Wenn Elisabeth Joris sich an Iris von Roten erinnert, dann ist ihr besonders ein Bild im Gedächtnis geblieben: «Eine elegante Frau, die am Strassenrand steht und Autostopp macht. Damals eine Wahnsinnssache!»
Denn Autostopp war damals, in der Schweiz der 1950er-Jahre, vielleicht etwas für Schüler, die den Bus verpasst hatten. Aber ganz bestimmt nichts für eine elegante Dame, sagt die Historikerin.
Ein ungleiches Paar
Elisabeth Joris lebte als Kind direkt neben der Kanzlei, die sich die Anwälte Peter von Roten und seine Frau Iris in Visp eingerichtet hatten. Das ungleiche Paar wurde damals im Wallis auf Schritt und Tritt beobachtet: Er war Nationalrat und Spross einer erzkatholischen Walliser Patrizierfamilie – sie eine Bürgerliche, die mit ihren radikalen feministischen Ideen aneckte.

Eine unerhörte Provokation
Iris von Roten fiel auf. Ganz besonders, als sie 1958 ihr Buch «Frauen im Laufgitter» veröffentlichte. Darin setzte sie sich unter anderem für Mutterschaftsversicherungen und Krippen ein, aber auch für eine befreite weibliche Sexualität. Diese Forderungen waren zur damaligen Zeit eine unerhörte Provokation.
«Iris von Roten hat ein skandalöses Buch geschrieben. Aber ein wichtiges Buch, darum ist es überall aufgelegen», erinnert sich Elisabeth Joris: «Ich sehe es heute noch vor mir, wie es neben den Zeitungen an den Kiosks auslag, wo man eigentlich keine Bücher kaufte. Das Buch war ominpräsent, und permanent wurde darüber gesprochen.»
Kritik für ihre Streitschrift
Der Begriff «Frauen im Laufgitter» sei innerhalb kürzester Zeit zum geflügelten Wort avanciert. Für ihre Streitschrift wurde Iris von Roten nicht nur kritisiert. Man machte sich auch auf übelste Art über sie lustig und stellte sie etwa bei Fastnachtsumzügen als Domina dar.

Doch Ablehnung bekam sie längst nicht nur von konservativer Seite zu spüren: Als die erste Volksabstimmung über das Frauenwahlrecht in der Schweiz 1959 scheiterte, machten auch viele Frauenrechtlerinnen die in ihren Augen zu radikale Streitschrift von Iris von Roten für den Misserfolg mitverantwortlich.
Gegen den Kleingeist
Für ein Buchprojekt über Feministinnen in der Schweiz (siehe Textbox) sprach Elisabeth Joris in den 1980er-Jahren mit Iris von Roten über diese schwierige Zeit.
Als sie dann schrieb, Iris von Roten habe die Kritik damals verletzt, war diese mit dieser Interpretation gar nicht einverstanden: «Sie sagte, sie wollte mit diesen kleinkrämerischen Frauen gar nichts zu tun haben.»
Späte Wiederentdeckung
Iris von Roten sei auch innerhalb der Frauenbewegung immer eine Einzelkämpferin geblieben, sagt Elisabeth Joris. Nachdem sich Iris von Roten das Leben genommen hatte, brachte die Historikerin 1991 eine Neuauflage von «Frauen im Laufgitter» heraus. Das Buch und Iris von Rotens Thesen wurden wiederentdeckt.
Einem breiten Publikum wurde die Feministin vor zehn Jahren bekannt, als die Doppelbiographie «Verliebte Feinde» über sie und ihren Mann Peter von Roten erschien. Diese Liebesgeschichte verfilmte später Werner «Swiss» Schweizer fürs Kino.
Schweizerische Simone de Beauvoir
Trotzdem ist Elisabeth Joris überzeugt, dass Iris von Roten nach wie vor unterschätzt werde. Denn sie werde meist nur im Zusammenhang mit der schweizerischen Frauenstimmrechtsbewegung gelesen:
«Effektiv reicht ihre damalige Analyse weit über die Schweiz hinaus. Sie sollte viel breiter rezipiert werden, ähnlich wie Simone de Beauvoirs ‹Das andere Geschlecht›.» Denn Iris von Rotens messerscharfe und polemische Analyse der Geschlechterverhältnisse habe bis heute nichts an Aktualität eingebüsst.
Feminismus made in Switzerland
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 31.03.2017, 6.50 Uhr
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