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Wort des Jahres Der Doppeladler hat alle überflügelt

«Doppeladler», «Rahmenabkommen» und «079». Das sind die Deutschschweizer Wörter des Jahres 2018. Als sprachlicher Jahresrückblick sind es drei Volltreffer.

Die Schweizer Nationalspieler Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri feierten an der Fussball-WM ihre Tore gegen Serbien mit der Geste des Doppeladlers – und dann brach der Shitstorm los. Hitzig wurde debattiert über Doppelbürger in der Nationalmannschaft. Die Öffentlichkeit zeigte sich überraschend solidarisch mit den beiden Fussballern, in deren Herzen zwei Heimaten Platz haben.

Das Wort «Doppeladler» brachte eine Identitätsdebatte auf den Punkt, sagt die Altphilologin Thamar Xandry. Sie ist Mitglied der Jury, die das Wort des Jahres wählt, und sagt: «Es ging letztlich darum, was uns als Schweizer ausmacht.» Deshalb war sich die Jury, wie Xandry betont, «unglaublich schnell einig».

Ein sperriges Wort auf Platz 2

Viel länger wurde über das zweit- und das drittplatzierte Wort debattiert. Thamar Xandry: «Man muss sich dem Wort ‹Rahmenabkommen› nähern, es ist hölzern, es ist unbequem. Das hat uns gefallen. Und es war zentral in der Berichterstattung, das ganze Jahr hindurch.»

«Rahmenabkommen» war eines der überdurchschnittlich oft gebrauchten Wörter im Jahr 2018. Das ergab die Analyse einer grossen Textsammlung an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Sprachforscher von der Abteilung Linguistik der ZHAW haben ein aufwändiges, wissenschaftlich fundiertes Prozedere eingeführt, um das Wort des Jahres zu ermitteln.

Wie das Wort des Jahres bestimmt wird

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Das Wort des Jahres wird seit 2017 von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ermittelt. Sprachforscher der Abteilung Angewandte Linguistik erstellen eine Liste mit rund 40 Kandidaten.

Grundlage für diese Liste sind erstens die Analyse eines umfassenden Textkorpus, wodurch auffallend häufig verwendete Wörter erkannt werden, zweitens Einsendungen aus der Bevölkerung, drittens Vorschläge der Jury-Mitglieder.

Die zwölfköpfige Jury besteht aus Linguisten, Journalisten, Künstlern und Sprachschaffenden. Darunter bekannte Namen wie der NZZ-Journalist Peer Teuwsen, die Schriftstellerin Rebekka Häfeli, der Performer Michael Fehr und der Slam Poet Remo Zumstein. Die Jury wählt aus der «Longlist» die drei Siegerwörter.

Alle Wörter des Jahres in der Deutschschweiz, in der Romandie und im Tessin finden Sie auf der Website der ZHAW.

Harmloses Liebeslied oder verharmlostes Stalking?

Lange debattiert wurde in der Jury auch über «079». Streng genommen ist das eine Ziffernfolge, kein Wort. Ausserdem steht sie für einen Song des Pop-Duos Lo & Leduc . Soll man dafür werben?

Entscheidend für die Jury war die durchschlagende Wirkung von «079» in der Öffentlichkeit, nachdem Juso-Präsidentin Tamara Funiciello dem Text sexistische Tendenzen vorgeworfen hatte.

Wenn ein Mann mit allen Mitteln versuche, an die Telefonnummer einer Frau zu kommen, die sie ihm nicht geben will, dann sei das Stalking. Die Thematik knüpft somit nahtlos an das Wort des Jahres 2017 an, als «#metoo» auf den ersten Platz gewählt wurde.

Ein exzellenter Jahrgang

Auch wenn dem «Wort des Jahres» stets der Beigeschmack des reinen Medienereignisses anhaftet: Mangelnde Relevanz kann man den Wörtern des Jahres 2018 nicht vorwerfen, weder in der Deutschschweiz noch in der Romandie und im Tessin.

Mot de l'année und parola dell'anno

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Auch die Wörter des Jahres in der Romandie und im Tessin werden von den Forschern der ZHAW ermittelt, mit regional besetzten Jurys.

«Mot de l'année» wurde der Ausdruck «charge mentale», übersetzt etwa «mentale Belastung». Damit wird die schwer messbare Verantwortungslast bezeichnet, die manche Frau in der Familie trägt: Sie weiss, wann der Bub zum Zahnarzt muss, dass die Jüngste grössere Hosen braucht und dass der Senf ausgegangen ist. Der Mann kümmert sich nur drum, wenn er dazu aufgefordert wird. «Charge mentale» bringt auf den Punkt, wo es mit der Gleichberechtigung auch noch harzt.

Im Tessin wurde mit «gesto dell'aquila» («Adlergeste») derselbe Ausdruck zum Wort des Jahres gewählt wie in der Deutschschweiz.

Eine Nuance liegt zwischen Rang zwei in der Romandie, «sècheresse» («Dürre»), und Rang zwei im Tessin, «notte tropicale» («Tropennacht»). Beide erinnern an den trockenen und heissen Sommer 2018. Nur schwingt bei «notte tropicale» ein Feriengefühl mit, während sècheresse mit den Folgen des Klimawandels droht.

Nächstes Jahr soll dann zum ersten Mal auch ein rätoromanisches Wort des Jahres gekürt werden.

Die drei Deutschschweizer Wörter stehen für die Integration von Zuwanderern, für das Verhältnis der Schweiz zur EU und für die Geschlechterdebatte. Sie spiegeln also den aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurs im Land.

Das Verfahren, mit dem die Forscher der ZHAW das Wort des Jahres eruieren, kommt dieses Jahr erst zum zweiten Mal zum Einsatz. Schon jetzt kann man sagen: Es bringt gute Resultate.

Sendung: Radio SRF 1, 9.15 Uhr

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