Wer zurzeit eine Ausstellung besuchen möchte, hat es schwer. Museen und Galerien haben immer noch geschlossen. Und doch gibt es sie – zumindest im Freien, wo der Sicherheitsabstand eingehalten werden kann.
Eine solche Freiluftausstellung findet sich aktuell auf dem grössten Friedhof der Schweiz, dem Friedhof am Hörnli in Basel. Grosse Wörter aus Holz sind auf den Grünflächen zu lesen.
Verantwortlich dafür ist der Künstler Matthias Zurbrügg. Bei einem Rundgang kann man seine Wortbilder entdecken.
Zeitlos, Zeit lassen, loslassen
Schon beim Haupteingang wird das Ausmass dieser Ausstellung deutlich. Matthias Zurbrügg deutet dort auf die grossen Holzbuchstaben zwischen den akkurat geschnittenen Hecken: Links steht das Wort «Zeit», in der Mitte das Wort «Los» und rechts das Wort «Lassen».
«Zeit Los Lassen» ist der Titel der Ausstellung und zugleich die erste Etappe auf dem Rundgang, erklärt Zurbrügg: «Man kann ‹zeitlos› lesen, ‹loslassen›, ‹Zeit lassen› oder eben ‹Zeit loslassen›.»
Wortbilder ohne Ende
Der Berner Schauspieler und Künstler mit Wurzeln im Zürcher Limmattal spielt gerne mit der Vieldeutigkeit von Wörtern.
Das zeigt sich auch beim nächsten Wortbild etwas oberhalb der Eingangsallee. Hier steht das Wort «Endlichkeit» im Kreis: «Endlichkeitendlichkeitendl…». Eine endlose Endlichkeit quasi. Man dreht sich inmitten der grossen Holzbuchstaben und die Endlichkeit nimmt kein Ende.
Verspielter Umgang mit dem Tod
Vor ein paar Jahren hat Zurbrügg ein ähnliches Projekt auf Berner Friedhöfen umgesetzt. Der spielerische Umgang mit dem Tod ist ein wiederkehrendes Sujet seiner Arbeit.
«Ich hatte mit 23 Jahren einen Moment, in dem ich so glücklich war, dass es mir egal gewesen wäre, wenn ich gestorben wäre», erzählt Zurbrügg. «Dieses Gefühl, diese Lockerheit versuche ich darzustellen. Ich glaube auch, dass irgendetwas nach dem Tod weitergeht. Das macht mich neugierig.»
Diesen abgeklärten Umgang mit seiner Sterblichkeit transportiert Matthias Zurbrügg auf verspielte Weise. Etwa wenn das Wortbild «Savoir Mourir» in einer Wiese in die Erde sinkt – eine Anspielung auf den französischen Ausdruck «Savoir Vivre».
Oder wenn das Wort «Jenseits» etwas später auf dem Rundgang auf der anderen Seite eines Teiches steht und sich im Wasser spiegelt. Matthias Zurbrügg scheint an dieser Station besonders viel Freude zu haben. «Wir gehen jetzt über diese Brücke sozusagen hinüber in das Jenseits», sagt er.
Im Wasser schwimmt das Wort «Leben». Doch zwischen dem «L» und dem «E» versucht sich noch ein «I» reinzudrängen. «Man kann also entweder ‹Leben› oder ‹Lieben› lesen. Oder halt: ‹Leben lieben›.»
Passend zur Entschleunigung
Der Tod war in unserer Gesellschaft schon lange nicht mehr so gegenwärtig wie in den letzten Wochen. Die Freiluftausstellung im Friedhof am Hörnli kann gerade in der jetzigen Zeit helfen, einen Umgang mit dem Tod zu finden.
Und sie kann helfen, die Zeit für einmal ganz los zu lassen. Die Besucher fänden auf diesem Spaziergang durch den Friedhof einen Ort zum Innehalten vor, sagt Matthias Zurbrügg.
«Diese Ausstellung war zuerst als Kontrast zu unserer schnelllebigen, hektischen Zeit gedacht. Nun passt sie aber irgendwie auch zur Situation, da ja momentan alles irgendwie innehält.»