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Ausstellung in Zürich Dem Bally-Schuh auf den Fersen

Von Pelzstiefel bis zum Bergschuh: Die neue Ausstellung im Zürcher Museum für Gestaltung widmet sich der Firma Bally.

Der Zufall hat Carl Franz Bally zur Schuhfabrik geführt. Der Hosenträgerfabrikant war auf Geschäftsreise in Paris und hatte seiner Frau versprochen, Schuhe mitzubringen.

Da führte ihn sein Einkäufer in eine Schuhfabrik. «Ich hatte damals von der Existenz von Schuhfabriken keine Idee», schreibt er in seinen Memoiren.

Was er dort sah, beeindruckte ihn. So sehr, dass er 1851 in Schönenwerd selber eine Schuhfabrik eröffnete. Er nannte sie Bally. Früh richtete er sie international aus und exportierte bald schon nach Südamerika.

Eine Ausstellung als Kleinstadt

Diese Geschichte ist im Museum für Gestaltung in Zürich in einem Raum eingerichtet, der einem Sitzungszimmer nachempfunden ist.

Szenograf Alain Rappaport hat für die Schau eine Kleinstadt aufgebaut – in stilisierter Form: In den Strassen thematisiert Kuratorin Karin Gimmi die Werbung, in der Fabrik die Produktion, im Verkaufsladen den Detailhandel. Die Mode inszeniert sie auf der Piazza.

In den 1940er-Jahren wird ein «Bally»-Schuh genagelt.
Legende: Stabil: In den 1940er-Jahren wird ein Bally-Schuh genagelt. Bally Schuhfabriken AG

Dass das Museum für Gestaltung Zürich eine Ausstellung einer noch tätigen Firma widmet, habe mit der Ausrichtung des Museums zu tun, erklärt die Kuratorin. «Das Museum für Gestaltung setzt sich immer wieder zentral mit Industrieprodukten auseinander. Das Produkt von Bally – der Schuh – ist ein Industrieprodukt, und die Firmengeschichte gehört zur Produktionsgeschichte dazu.»

Für die Ausstellung habe man auf das reich bestückte Firmenarchiv zugreifen können. So geben in der Schau nebst Schuhmodellen auch historische Musterbücher, Entwürfe, Plakate und Logos Einblick in die Firmengeschichte der letzten 170 Jahre.

Innovation aus der Schweiz

Die ältesten Schuhe, die in Zürich zu sehen sind, stammen aus den 1880er-Jahren. Es sind kostbare Seiden-Pumps, die von den Anfängen der Bally-Schuh-Produktion erzählen.

«Wie damals üblich, sahen der linke und rechte Schuh gleich aus. Zur Produktion brauchte man nur einen Leisten», sagt Rebecca Gerber, Koordinatorin im Firmen-Archiv Schönenwerd.

«Bally»-Kriegszeitschuhe mit exotischen Materialien.
Legende: Bally-Schuhe mit Seehund-Fell: Weil Material fehlte, hat Bally in den Kriegsjahren die Tiermuster aufgemalt. Bally Schuhfabriken AG

Dementsprechend seien die Schuhe unbequem gewesen. Bald entwickelten die Hersteller jedoch unterschiedliche Formen für den rechten und linken Fuss.

Bally experimentierte – mit Modellen, Materialien und Geschäftsideen: In den 1930er Jahren gründete er eine eigene Werbeagentur und fürs Schuhdesign ein eigenes Kreations-Team.

Nicht nur eine Erfolgsstory

Früh schon teilte Bally die Fabrikation in einzelne Arbeitsschritte auf. Vorbild waren die Theorien des US-amerikanischen Ingenieurs Frederick Winslow Taylor: «Die Bally-Familie hatte in den USA gesehen, dass man mit kleinen Arbeitsschritten mehr, günstiger und schneller produzieren kann», sagt Kuratorin Karin Gimmi.

Doch Bally ist nicht nur eine Erfolgsstory. Ab 1976 begann die Firma, auch Taschen und Kleider zu produzieren, weil sie diversifizieren musste. In den 70er-Jahren hat ein Investor Bally übernommen und gleich weiterverkauft.

Drei verschiedene «Bally»-Modelle
Legende: Kreativität in allen Ausführungen: ein Sportschuh, ein Schuh aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, ein goldiger Pump. Bally / Manuel Fabritz

In den 1990er-Jahren wurde schliesslich in Schönenwerd die Produktion gestoppt. Heute findet sie im Tessin und in Norditalien statt. Das Unternehmen Bally gehört inzwischen zum chinesischen Textilkonzern Shandong Ruyi.

In der Zürcher Ausstellung finden sich ein paar Perlen: Der grobe Bergsteigerschuh aus Rentierfell, den Sherpa Tensing Norgay bei der Erstbesteigung des Mount Everest getragen hat. Oder zarte Abendschuhe mit Applikationen aus echtem Gold.

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