Eine «Legende der Kunstszene» wird er zuweilen genannt: Der Zürcher Christoph Vitali war als Kurator und Kulturverantwortlicher eine prägende Figur. Er ist bereits vor Weihnachten gestorben, wie heute bekannt wurde.
Retter der verlorenen Kunst
Vitali hat Ausstellungen kuratiert, über die in der Kunstszene noch heute gesprochen wird. Dazu gehört die Ausstellung mit Werken von Marc Chagall 1992 in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt.
Die Ausstellung zeigte Wandgemälde, die Chagall in den 1920er-Jahren für das Jüdische Theater in Moskau angefertigt hatte. Auf Vitalis Bestreben hin waren sie aus einem Depot vor dem Zerfall gerettet worden.
Nerv fürs Publikum
Vitali hatte einen ausgeprägten kunsthistorischen Forschergeist. Die Offenheit seines Blickes war gepaart mit grosser, tiefgehender Neugier. Und er hatte einen Nerv für das grosse Publikum. In Frankfurt zeigte er eine Kandinsky-Retrospektive, die 200'000 Besucherinnen und Besucher anzog.
Für eine einzelne Ausstellung ist das eine beeindruckende Zahl: Die Fondation Beyeler, deren Direktor Vitali von 2004 bis 2008 war, lockt heute rund eine halbe Million Besucher im Jahr an (wobei grosse Ausstellungen wie die Gauguin- oder Picasso-Ausstellung diese Zahl nochmals deutlich ansteigen lässt).
Der Jurist in der Kulturpolitik
Vitali schaffte es, bei anderen Interesse für Kunst zu wecken. Das lag einerseits an seiner kunstsinnigen und kulturengagierten Herkunft. Vitalis Vater war Bildhauer, die Mutter Lehrerin. Er selber studierte Jura, besuchte aber auch Vorlesungen in spanischer Sprache, in Literatur und Kunstgeschichte.
Zu Vitalis Weitblick trug auch sein ungewöhnlicher Einstieg in die Kulturwelt bei. Er begann als Angestellter des Kulturreferats der Stadt Zürich. Bald darauf wurde er dessen Leiter.
In dieser Funktion förderte er zahlreiche für Zürich wichtige Projekte. Dazu gehört die Entstehung der Roten Fabrik oder auch das Theaterhaus Gessnerallee.
Der Vielseitige
Christoph Vitali liess sein Kulturverständnis nicht von Konventionen einschränken. Ganz locker überwand er Sparten und Begrenzungen.
Als Leiter des Kulturreferats Zürich hat er wichtige Theaterinszenierungen und Regisseure wie Peter Stein, Ariane Mnouchkine und Peter Brook nach Zürich geholt. In den frühen 1980er-Jahren war er auch Verwaltungsdirektor der Städtischen Bühnen Frankfurt.
Kunst oder Theater waren für Vitali nicht isoliert. Er sah die Kultur ganz ungezwungen als Ganzes.
Sendung: Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 27.12.19, 06:35 Uhr.