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Kunst Die Tate Modern hat jetzt 21'000 Quadratmeter Platz für Kunst

Die Londoner Tate Modern hat angebaut, man brauchte Platz für mehr Besucher und noch mehr Kunst. Auf 21'000 Quadratmetern zeigt das Museum nun Klassiker des 20. Jahrhunderts neben Werken aus aller Welt und noch unbekannten Künstlern.

Seit ihrer Eröffnung vor sechzehn Jahren vermeldet die Tate Modern einen Besucherrekord nach dem anderen. Heute ist sie vor dem Centre Pompidou in Paris und dem New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) das weltweit meistbesuchte Museum für moderne Kunst.

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Tate Modern Luftaufnahmen vom Anbau (ohne Ton)
Aus Kultur Extras vom 17.06.2016.
abspielen. Laufzeit 34 Sekunden.

Fünf Millionen Besucher jährlich

Als immens populär erwiesen sich seit 2000, über das reguläre Ausstellungsprogramm hinaus, die grossen Rauminstallationen internationaler Kunststars in der Turbinenhalle des ehemaligen Kraftwerks: u.a. Ólafur Eliássons «The Weather Project» (2003) und Ai Weiweis «Sun-flower Seeds» (2010). Sie waren es, die die Tate Modern zum Publikumsmagneten machten.

Wen wundert's, wenn Tate-Vertreter deshalb so gern mit Statistiken und Zahlen aufwarten, auch jetzt wieder. Auf eine Zahl ist Nicholas Serota, Direktor des Tate-Imperiums, besonders stolz: «Allein die Tate Modern verbucht jährlich über fünf Millionen Gäste. Ursprünglich rechneten wir mit maximal zwei Millionen. Und die Sammlungen wachsen weiter. Unsere jüngsten Neuankäufe konzentrierten sich auf Kunst aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Nahost. Dafür brauchen wir Platz.»

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Herzog und de Meuron: Das Projekt Tate Modern
Aus 10 vor 10 vom 13.06.2016.
abspielen. Laufzeit 57 Sekunden.

Festung der Künste

Reichlich Platz bietet nun der, ursprünglich für 2012 vorgesehene, Neubau mit seinen 21'000 Quadratmetern Ausstellungsfläche allemal. (Baukosten: 260 Millionen Pfund) «Switch House» – Umspannwerk – nennt sich das wuchtige, zehnstöckige Gebäude mit seiner Fassade aus versetzt gestapelten, ockerfarbenen Backsteinen.

Es wirkt wie eine seitlich zerdrückte Stufenpyramide. Oder wie ein verwinkeltes, verwackeltes Rechteck. Statt für viel Glas und Glitzer entschied sich das Schweizer Architektenduo Herzog und de Meuron, das schon für die Umgestaltung des alten Kraftwerks zuständig war, für schiessschartenähnliche Fensterschlitze und Schlichtheit.

Mit ihrer Architektur des zweckmässigen Understatement steht die New Tate Modern in Kontrast zu dem protzigen Glasriesen in der Londoner City, am gegenüber liegenden Themseufer: nicht als Tempel, sondern als Festung und Trutzburg der Künste.

Neuer Blick auf die Welt

Als solche wirkt der Tate-Anbau eher nach innen als nach aussen. Im «Switch House», sagt Nicholas Serota, «schalten wir Kunst auf eine Spannung, die Besucher zu schätzen wissen.»

Am Schalthebel im «Switch House» sitzt seit Jahresanfang erstmals eine Frau als Chef der Tate Modern: die langjährige Hauskuratorin Frances Morris (57). Auch sie plädiert fürs Umschalten: auf einen «neuen Blick auf die Welt» und auf ein neues Konzept der Kunstpräsentation.

Ziel, so Morris, sei die Weiterentwicklung der Tate zu einem Museum fürs 21. Jahrhundert nach dem Motto «Kunst und Welt ändern sich. Und wir ändern uns mit ihnen».

Mehr Kunst von Frauen

Laut Morris geht es darum, wegzukommen von der traditionellen, chronologisch-historisierenden Darstellung der Künste hin zur «Globalisierung» des Kanons über alle Landes- und Kulturgrenzen hinweg.

Während im alten «Boiler House» der Tate Modern auch weiterhin Kunst von 1900 bis heute gezeigt wird, bietet das neue «Switch House» Platz für 60 Prozent mehr Werke aus den Jahren nach 1960: für Arbeiten aus aller Welt und für wesentlich mehr Kunst von Frauen. Vieles, was bisher in den Tate-Sammlungen schlummerte, wird hier erstmals gezeigt.

Unbekannteren Künstlerinnen Raum geben

Mehr noch: Die durch breite, elegant geschwungene Betontreppen miteinander verbundenen Etagen des Anbaus sind konzipiert als Verbindungswege und Kreuzungen, als Schnittstellen der Begegnung und Querbeziehungen, der Interaktion, Konversation und Partizipation und – so nennt es Hauskuratorin Morris – als «Zeitreise durch das Universum der Künste ohne Hemmschwellen.»

Die Hälfte der neuen, für Einzelausstellungen vorgesehenen «Artist Rooms», ist für Künstlerinnen reserviert, von denen – so Morris – bisher «nur die wenigsten» gehört haben dürften: Ana Lupas, Phyllida Barlow, Jane Alexander, Daria Martin, Sirkka-Liisa Konttinen.

Drei Wochen lang Kultur – gratis

Gefeiert wird die Erweiterung der Tate Modern mit einem dreiwöchigen Kulturprogramm mit Live-Performance, Konzerten und Tanzaufführungen: vom Tiefgeschoss in den zu Galerien umfunktionierten Öltanks des alten E-Werks bis hoch zur Dachterrasse. Und das bei freiem Eintritt!

Sendung: Kultur kompakt, 17. Juni 2016, 17:08 Uhr

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