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Fotografin Evelyn Hofer Fotos, die nach Schweiss und Leben riechen

Evelyn Hofer porträtierte Fussballer direkt nach dem Spiel. Auch all ihre anderen Bilder sind wahr, schön und gut. Doch den Durchbruch hat Hofer nie geschafft.

Der Kunstkritiker der New York Times nannte Evelyn Hofer die «berühmteste ‹unbekannte› Fotografin der USA». Sie blieb fast 50 Jahre lang ein Geheimtipp. Obwohl ihre Fotos von beeindruckender Qualität sind.

Ein schwarzer Junge posiert auf seinem Rennrad vor der Queensborough Bridge in New York.
Legende: Evelyn Hofer war eine Meisterin des Portraits: Queensboro Bridge, New York, 1964. Evelyn Hofer Estate, Courtesy Galerie m, Bochum

In der Fotostiftung Schweiz sind die Bilder von Evelyn Hofer (1922-2009) nun zu entdecken. Zum Beispiel Stillleben, die wie gemalt wirken. Unspektakuläres Grünzeug wie Randen oder Brokkoli werden wie Königinnen präsentiert. Auch für ihre Portraits setzte Hofer auf ausgeklügelte, malerische Kompositionen. Und dank des aufwendigen Druckverfahrens leuchten die Farben stark gesättigt.

Blick für das Wesentliche

Die gebürtige Deutsche emigrierte mit ihrer Familie in den 30er Jahren nach Spanien, dann ins Bergell, später nach Mexiko, bis sie 1946 in New York landete und dort als Modefotografin zu arbeiten begann.

Nicht besonders erfolgreich, denn Hofer interessierte sich nicht für Kleidung, sondern portraitierte die Modelle. Das Portrait ist ihre Form. Egal, ob sie Menschen, Interieurs oder Strassenszenen ablichtete.

Hofer jagte nichts

Dabei «schoss» Hofer keine Bilder. Sie glaubte nicht an Schnappschüsse und den entscheidenden Augenblick, sondern an sorgfältige Vorbereitung und Inszenierung. «Sie wartete nicht darauf, dass ihr dieser Moment zuflog, sie schuf ihn», sagt Madleina Deplazes von der Fotostiftung Schweiz.

Ein Polizisit auf seinem Motorrad auf einer Wiese unter einem rosa blühenden Baum.
Legende: Wie brachte sie den Polizisten unter den Kirschbaum? Evelyn Hofer Estate, Courtesy Galerie m, Bochum

Hofer inszenierte ihre Portraits sorgfältig, behandelt die Menschen vor ihrer Linse aber nie als Sujets. Ob Zimmermädchen in Irland, Bergleute in Wales oder Polizisten in Washington: Die Menschen machen bei Hofer keine Fotogesichter und wirken locker, obwohl sie fürs Foto «aufgestellt» werden.

Eine farbige Häuserfront mit der Aufschrift "Ca C'est".
Legende: Evelyn Hofer: «Ça c’est», New York, 1953. Evelyn Hofer Estate, Courtesy Galerie m, Bochum

Sensation in Farbe

Zu entdecken sind in Winterthur aber insbesondere die frühen Farbfotos von Evelyn Hofer. Wie viele andere EmigrantInnen entdeckte sie nach dem zweiten Weltkrieg New York. Hielt Strassen, Bars, Reklameschilder und Neonschriften fest.

Ausstellungshinweis

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Fotostiftung Schweiz, Winterthur: Evelyn Hofer. Begegnungen (28.2.-24.5.2020)

Doch Hofer lässt sich nicht überwältigen, sondern analysiert die Grossstadt. Sie zeigt, wie luxuriöse Glasfronten auf Abrissmauern treffen und billiges Rot auf Flieder und ein kränkliches Grün.

Seit 1953 setzt Evelyn Hofer Farbe als gestalterisches Element in ihren Fotos um. Lange vor William Eggleston, der gemeinhin als Wegbereiter der künstlerischen Farbfotografie gilt.

Kultur Aktuell, 13.3.2020, 7.20 Uhr, Radio SRF 2 Kultur

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