Zu einer Reise nach New York ist ein Besuch im berühmten Museum of Modern Art (MoMA) fast ein Muss. Aber schon bald steht man dort vor verschlossenen Türen. Mitte Juni schliesst das Museum für vier Monate. Der Grund: Das MoMA will die Ausstellungsfläche erweitern und sich inhaltlich neu aufstellen. Was dahintersteckt, erklärt Kulturkorrespondentin Sacha Verna.
SRF: Das MoMA ist eines der meistbesuchten Kunstmuseen der Welt. Ist es nicht ökonomischer Unsinn das Haus in der Hauptreisezeit für vier Monate zu schliessen?
Sacha Verna: Theoretisch ja, praktisch nein. Denn bei dieser Schliessung handelt es sich um die letzte Phase der 400-Millionen-Dollar-Expansion, die vor drei Jahren begonnen hat. Den Einnahmeverlust hat man beim MoMA ins Budget eingerechnet
Das MoMA und andere Museen wollen näher ans Volk.
Was planen die Verantwortlichen genau?
Das Museum wächst nach links, nach rechts und nach oben. Konkret gewinnt es fast 4000 Quadratmeter mehr Ausstellungsfläche. Es gibt neue Räumlichkeiten für Performance, Tanz, Musik und Kino. Ausserdem eine sogenannte Project Gallery, in der ein wechselndes Programm gezeigt werden soll, das keinen Eintritt kostet.
Der Konkurrenzdruck unter den internationalen Spitzenmuseen scheint gross zu sein. Hat die Erneuerung des MoMA mit diesem Konkurrenzdruck zu tun?
Es geht weniger darum, direkt mit anderen Museen zu konkurrieren, als darum, die eigenen Besucherrekorde zu überbieten. Vor allem in den USA wird den Museen immer wieder vorgeworfen, sie seien zu elitär. Um das Gegenteil zu beweisen, lautet das Motto beim MoMA und bei vielen anderen Institutionen: näher ans Volk.
Im MoMA wird es neu einen Bereich geben, wo Besucher dazu animiert werden, selbst Kunst zu machen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Der MoMA-Direktor Glenn Lowry sieht das Museum der Zukunft als eine Art kreatives Gemeinschaftszentrum, das auch sein Ausstellungsprogramm so publikumsfreundlich wie möglich gestaltet.
Das MoMA will seine Sammlung aufmischen.
Welche Ausstellungen wird das MoMA nach der Neueröffnung im Oktober zeigen?
Es wird eine Ausstellung über lateinamerikanische Kunst geben und zwei Einzelausstellungen: eine von Betye Saar, die andere von William Pope.L – beides afroamerikanische Künstler. Was das Museum damit signalisieren will: Es bewegt sich weg von der Kunst des weissen Mannes.
Denn neben mehr Publikumsnähe ist es die Diversität, die sich die amerikanischen Museen auf die Flanken geschrieben haben. Es soll künftig eine farbigere, vielfältigere und globalere Kunstgeschichte erzählt werden.
Das MoMA will seine Sammlung aufmischen, neu präsentieren. Es hat gelobt, seine Ankaufsstrategie ebenfalls in diese Richtung zu lenken.
Das ist eine Diskussion, die wir auch in Europa kennen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Man weiss oft nicht, womit man es eigentlich zu tun hat – ob mit einer Realität oder mit Trendreporten. Denn so gern Kunst und Kunstinstitutionen für sich reklamieren, soziale und politische Verhältnisse nicht nur zu reflektieren, sondern auch zu beeinflussen, so selten ist das wirklich der Fall.
Was in der Gratis-Projektgalerie des MoMA zu sehen sein wird, kann noch so ökumenisch, weltumarmend und minderheitenfreundlich sein, wie es will: für 99 Prozent der amerikanischen Bevölkerung bleibt es völlig irrelevant.
Es ist ein bisschen wie beim «Club Méditerranée»: Das Alles-und-alle-inklusiv-Versprechen gilt zwar, aber nur für Mitglieder. Und manchmal lässt das Angebot sehr zu wünschen übrig.
Das Gespräch führte Oliver Meier.