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Kunst Mutige Bilder bis zuletzt - die Malerin Maria Lassnig ist tot

In einem Alter, in dem andere dem Tod entgegenblicken, schuf sie noch kraftstrotzende Werke – darunter Selbstporträts, auf denen sie nackt war. Die österreichische Malerin Maria Lassnig, die stets die «Existenz in ihrer Wahrhaftigkeit» zeigen wollte, im Alter von 94 Jahren gestorben.

Sie wurde als uneheliches Kind in der Provinz geboren, als «entartet» abgestempelt und gelangte als Malerin erst spät zu Ruhm. Maria Lassnigs Weg an die Spitze der internationalen Kunstszene war lang und steil. Jetzt starb die wohl bedeutendste österreichische Malerin im Alter von 94 Jahren in einem Wiener

Spital.

Alterslose Künstlerin

Das Gemälde «Du oder ich» von Maria Lassnig ist im Bild. Sie hält eine Pistole gegen sich und gegen das Gegenüber.
Legende: «Du oder ich»: Die radikale Malerin Maria Lassnig malte sich selbst oft nackt. Reuters

Bis ins hohe Alter überraschte sie mit ihren expressiven und furchtlosen Darstellungen des menschlichen Körpers, oft in Form von Selbstporträts. Mit über 80 posierte sie für das Bild «Landmädchen» ebenso hüllenlos wie herausfordernd auf einem Motorroller. «Ich habe die Jahre nie gezählt, ich war nie wirklich jung – und bin jetzt nicht alt», sagte Lassnig vor einem Jahr in einem Interview mit der österreichischen Zeitung «Standard».

Geboren wurde Lassnig 1919 in Kappel in Kärnten. Die Mutter arbeitete, und das uneheliche Kind wuchs einige Jahre bei ihrer

Grossmutter auf. Während des Zweiten Weltkrieges begann sie in Wien Malerei zu studieren, doch ihre Bilder wurden nach dem

nationalsozialistischen Kunstverständnis als «entartete Kunst» gebrandmarkt. Lassnig musste ihre ursprüngliche Meisterklasse

verlassen und sich neue Lehrer suchen.

«Existenz in ihrer Wahrhaftigkeit»

Audio
Maria Lassnig - eine kompromisslose Liebe zur Malerei
aus Kultur kompakt vom 07.05.2014.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 47 Sekunden.

Kurz nach dem Krieg begann Lassnig ihre Arbeitsmethode des «Körperbewusstseins» zu entwickeln, um physische Empfindungen auf die Leinwand zu bringen. Über die Jahre entstanden so viele surreale, dynamische Bilder voller Lebenslust. «Nicht die Ästhetik eines abstrakten Schönheitsideals stand im Mittelpunkt ihrer Kunst, sondern die Existenz in ihrer Wahrhaftigkeit», sagte Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer.

Doch Lassnig streckte ihre künstlerischen Fühler in mehrere Richtungen aus. In den 1960er-Jahren lebte sie in Paris, wo sie den Dichter Paul Celan kennenlernte. Auch mit der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann war sie befreundet. Die nächste Station war New York, wo sie an Animationsfilmen arbeitete. Den Durchbruch schaffte sie erst, nachdem sie 1980 mit über 60 Jahren

nach Wien zurückkehrte, um eine Kunstprofessur anzunehmen.

Man sieht die Gemälde «Sprachgitter» und «Trauer» von Maria Lassnig. Ein Mann hat ein Gitter vor dem Mund.
Legende: «Sprachgitter»: Ein Gemälde von Maria Lassnig. Reuters

Der Ruhm liess auf sich warten

Seitdem wurden ihre Werke unter anderem auf der documenta in Kassel ausgestellt, in der Londoner Serpentine Gallery, und derzeit

im Museum of Modern Art in New York. Auf der Biennale in Venedig wurde sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Lassnig musste lange auf den Ruhm warten, doch sie war sich ihres Könnens sehr bewusst. «Ich werde auch nach dem Tod noch lange nicht so gewürdigt sein, wie ich es sollte. Das klingt hochmütig. Aber es ist so – dass man meine Kunst nicht in dem Masse würdigt,

wie ich es verdiene», sagte sie.

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