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Schreibmaschine Hermes Baby Eine neue Heimat für die Schweizer Kult-Schreibmaschine

Eine Ausstellung in Yverdon erinnert an die Westschweizer Kult-Schreibmaschine Hermes Baby. In der Kunst lebt die schicke Maschine weiter.

1989, dem Jahr des Mauerfalls, verschwand auch ein Pfeiler der Westschweizer Industrie: Die Firma Paillard, die während Jahrzehnten für ihre Bolex-Kameras und Hermes-Schreibmaschinen berühmt war.

Als sie im Dezember 1989 zuging, verloren auch die letzten Arbeiterinnen und Arbeiter die Stelle. Es waren mehrere hundert, wie etwa Eliane Besançon. «Da geht viel verloren», sagte sie damals dem Westschweizer Fernsehen: «Wir sind hier daheim. Wir haben bei Paillard mehr Zeit verbracht als zu Hause.»

Schwarzweissfoto: In einem Fabrikraum sitzen an langen Bänken Menschen hinter Schreibmaschinen
Legende: 1939 lief die Fabrik noch auf Hochtouren: Kontrolle der Schreibmaschine «Hermes 2000». Collection MY Musée Yverdon et région / Fonds Perusset

Das Baby war der Kassenschlager

In der Blütezeit hatten über 4000 Angestellte in den Werken von Hermes-Paillard in Sainte-Croix und Yverdon gearbeitet. Kassenschlager war die Hermes Baby. Die Schreibmaschine war schick, in einem Aktenkoffer transportierbar und vergleichsweise leicht.

Fünf Millionen Exemplare der Hermes Baby wurden in der Romandie gefertigt. Weltweit gab es Hermes mit 88 verschiedenen Tastaturen. Auch auf Arabisch oder Hebräisch konnte man mit einer Hermes Baby schreiben, von rechts nach links wohlverstanden.

kleine grüne Schreibmaschine mit russischer Tastatur
Legende: Ein weltweiter Erfolg: Hermes Baby mit russischer Tastatur. Collection S.Mettraux

Diese Modelle können in der Ausstellung auf dem Schloss Yverdon angeschaut werden. Dann kam der Niedergang, weil Hermes den Fortschritt in der Elektronik verpasst hatte, sagt Sébastien Mettraux, der die Ausstellungen konzipiert hat: «Bei Paillard glaubte man hartnäckig an die Mikromechanische Industrie, an Schweizer Know-How. Dadurch kam man verspätet zur Elektronik.»

Ein zweites Leben in der Kunst

Die Schreibmaschinen verschwanden zwar, aber sie behielten ihren festen Platz in der Kunstwelt. Davon erzählt die zweite Ausstellung im Centre d’art contemperain gleich neben dem Schloss.

Dort sind Grössen der Typewriter-Art zu sehen, wie Ruth Wolf-Rehfeldt mit ihren Mischungen aus Worten und Grafiken, alles mithilfe von Schreibmaschinen auf A4 Blätter gedruckt.

Vierecke und ein Kreis aus mit einer Schreibmaschine getippten Buchstaben
Legende: Ruth Wolf-Rehfeldt: «Cages on the run», 1980. Ruth Wolf-Rehfeldt / Galerie ChertLüdde Berlin

Ausgerechnet 1989, als die Mauer fiel und HermEs zuging, hörte die ostdeutsche Künstlerin auf zu produzieren, sagt Sébastien Mettraux. Sie sei jetzt frei, sei ihre Begründung gewesen.

Am papierenen Faden

Aber nicht nur 30 Jahre alte Werke wie jene von Ruth Wolf-Rehfeldt sind vertreten. Mit Loreen Fritsch zeigt eine Künstlerin aus Baden-Baden ihre Werke, die erst 1989 geboren wurde. Ihre Bilder zeigen weniger Worte, sondern Blätter oder Berge. Alles mit der Schreibmaschine gezeichnet.

Muster aus aufgefärchten Linien. Die Linien bestehen aus roten Schreibmaschinen-Buchstaben.
Legende: Loreen Fritsch: «Gebrochen», 2018. Loreen_Fritsch

Ein Werk von Emmanuele De Ruvo sticht heraus aus der Ausstellung: Eine sechs Kilogramm schwere Schreibmaschine, die an einem langen Papierband schwebt. Der Titel: «Gravity of Situation», der Ernst der Lage.

Für Sébastien Mettraux ist dieses Werk ein Sinnbild: «Die Schreibmaschine, aber dahinter auch unsere Geschichte und unser Schaffen, hängen am seidenen Faden, Sie schweben zwischen dem Bewahren und dem Zusammenbruch.»

Eine altmodische Schreibmaschine hängt an einem langen Papierstreifen, der in der Maschine eingespannt ist.
Legende: Emmanuele De Ruvo: «Gravity of Situation», 2020 Claude Cortinovis / CACY

Hier hängt für einmal keine Hermes Baby, der Hersteller dieser Schreibmaschine heisst ausgerechnet Corona. Ein Zufall, aber auch ein Bildnis für die Situation der Menschen in dieser Pandemie.

Die Schreibmaschinen sind zwar verschwunden, aber in Yverdon ist eine Reise in die Vergangenheit möglich. Und in die Gegenwart der Kunst, in der die Schreibmaschine noch immer präsent ist.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Rock me Baby» ist bis am 23.12. an verschiedenen Austtellungsräumen in Yverdon zu sehen. Mit dabei sind: das Centre d’Art Contemporain (CACY), das Museum Yverdon und Region, das Maison d’Ailleurs und die

öffentliche Bibliothek.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 26.10.2020, 17:20 Uhr. ; 

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