Italien ist ein Land der Kunst. Die Mehrheit der Weltkulturgüter der Unesco befinden sich dort. Doch nicht alle werden ständig ausgestellt oder können besichtigt werden.
Deshalb ist es ein Kunstevent, wenn Kostbarkeiten zeitweise zu sehen sind. Aktuell etwa der Fussboden im Dom von Siena, der in der Regel von Teppichen geschützt ist.
So gross wie zwei Tennisplätze
Auf rund 1300 Quadratmeter Bodenfläche – rund 2 Tennisplätze – haben hier Künstler seit dem frühen 15. Jahrhundert den Boden mit Marmorintarsien geschmückt.
Beteiligt an diesem Kunstwerk waren Stars der Renaissancekunst, etwa Pinturicchio. Sie haben dafür mehrfarbigen Marmor aus ganz Italien benutzt.
56 grossflächige Darstellungen in Form von umrahmten Bildern sind von fantasiereichen Dekorationselementen umgeben. Thema der Darstellungen: die Suche nach Weisheit in der heidnischen Antike, aber vor allem innerhalb des christlichen Glaubens.
Aus der Luft
Im 19. Jahrhundert wurde der Boden restauriert und vorsichtig komplettiert. Der Gesamteindruck ist umwerfend, vor allem aus grosser Höhe.
Die Dombauhütte von Siena wird zur Besichtigung des Gesamtbodens den Wandelgang unterhalb der Deckenkonstruktion zugänglich machen. Nur so ist es möglich, die ganze Pracht der Intarsienbilder zu sehen. Dabei sieht man, wie harmonisch sich reine Dekorationselemente und thematische Bilddarstellungen zusammenfügen.
Vorbild Antike
Kunsthistoriker vermuten, dass der Fussboden von spätantiken Mosaikböden in Süditalien und Nordafrika inspiriert wurde. Von Mosaikböden, wie sie am besten in Tunesien erhalten geblieben sind.
Die schönsten dieser Mosaiken sind im Bardo-Museum in Tunis zu sehen. Es sind Kompositionen aus thematischen Darstellungen, die von Dekorationselementen umgeben sind. Die Ähnlichkeit mit dem Intarsienboden in Siena ist nicht zu übersehen.
Italiens Fussbodenkunst
Ganz allgemein ist Italien ein Land kunstvoller Fussböden. Die Tradition geht auf die römische Antike zurück: In Pompeji und anderswo statteten reiche Römer ihre Villen mit zum Teil riesigen Mosaiken aus. Auf dutzenden von Quadratmetern wurden in der Regel mythologische und Naturdarstellungen geschaffen.
Von den mittelalterlichen Kunstfussböden in Italiens Kirchen sind nur sehr wenige erhalten geblieben. Etwa jener im Dom von Otranto in Apulien. Oder die mehrfarbigen Cosmaten-Böden in römischen Kirchen, die aus zersägten antiken Säulen geschaffen wurden. Und eben: der prächtige Intarsienboden im Dom von Siena, der noch bis Ende Oktober offen für Besucherinnen und Besucher bleibt.