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Surrealismus Schweiz Pelztassen beim dämonischen Frühstück

Erfunden im Paris der 1920er-Jahre, bald in die Schweiz exportiert: Der Surrealismus erntete hierzulande aber Kritik. Eine Ausstellung widmet sich der Kunstrichtung, die dennoch reüssierte.

Über 400 Werke haben Kurator Peter Fischer und sein Team für die Ausstellung zusammengetragen: Das ist unglaublich viel Kunst. Zeichnungen, Bilder, Skulpturen hängen und stehen dicht an dicht im Aargauer Kunsthaus. Unter den Werken sind viele Leihgaben und Schlüsselwerke des Surrealismus.

Schlüsselwerke statt Ikonen

Salvador Dalis berühmte Uhren oder René Magrittes Traumbilder, die Männer mit Äpfeln statt Köpfen versehen, sucht man in Aarau aber vergeblich. Dafür ist zu sehen, welchen Beitrag die Schweiz zur Kunstbewegung des Surrealismus leistete.

Der Surrealismus nahm seinen Anfang unter reger Schweizer Beteiligung: Meret Oppenheim und ihre berühmte Pelztasse oder Alberto Giacometti mit seinen frühen Käfig-Skulpturen gehörten zum Pariser Gründerkreis um André Breton.

Ein surrealistisches Bild von Paul Klee
Legende: Paul Klee kann zu den Gründern des Schweizer Surrealismus gezählt werden. Paul Klee, Marionetten (bunt auf Schwarz), 1930 / Kunsthaus Zürich

Auch Jean Arps Plastiken mit den organischen Formen und Paul Klee, der in vielen Papierarbeiten seinen Stift frei übers Papier wandern lässt, können zur Gründergeneration gezählt werden und bei beiden besteht zumindest ein «Schweizbezug».

Keine Stilmerkmale

Bald springt der Funke über auf Künstlerinnen und Künstler, die nicht in Paris, sondern in der Schweiz arbeiten. Die bizarren Räume eines Walter Kurt Wiemken oder Otto Abt changieren zwischen Innen und Aussen.

Ein surrealistisches Gemälde mit einer Fotografieszene
Legende: Surreale Räume verschmelzen beim Schweizer Künstler Walter Kurt Wiemken. Walter Kurt Wiemken, Der Photograph, 1932 / Foto: Jörg Müller

Max von Moos’ düstere Grotten sind voller eigenartiger Formen: Das könnten Geschlechtsteile sein oder Formen aus dem Geometrielehrbuch, die seltsam belebt wirken.

Fragile Welt kunstvoll ausgedrückt

Ob in Paris oder in der Schweiz, gemeinsam ist den Surrealisten weniger ein Stil, als das Interesse für das Unbewusste, Nicht-Rationale und für den Zufall als Gestaltungsprinzip.

Ihre Kunstwerke kehren sich dabei nicht von der Welt ab. Im Gegenteil: Sie versuchen der als problematisch erfahrenen Welt etwas entgegenzuhalten. Viele bannten ihre Krisenahnungen in Bilder mit einstürzenden Räumen oder in fragile Konstruktionen kurz vor dem Umkippen.

Widerstand in der Vorkriegszeit

Der Surrealismus trifft in der Schweiz insbesondere im Klima der geistigen Landesverteidigung ab den 1930er-Jahren auf massiven Widerstand. Das Kapitel dazu ist ein Highlight des Ausstellungskatalogs.

Ein farbiges Bild von einem Frühstück mit einem Teufel
Legende: Kunst, die der Kopf nicht versteht: Max von Moos' angsteinflössende Frühstück-Szenerie. Max von Moos, Dämonisches Frühstück (Inferno, lügnerisches Bild), 1934 / Foto: Jörg Müller / © 2018, ProLitteris, Zürich

Künstlerinnen und Künstler trotzen der fortschrittsfeindlichen Auftragslage, indem sie sich in Gruppen organisieren und so zum Beispiel selbst für Ausstellungsmöglichkeiten sorgen.

Zeitgenössischer Surrealismus

Die Ausstellung in Aarau ordnet ihre vielen Werke bewusst nicht chronologisch und endet nicht mit dem historischen Surrealismus. Auch Werke von Jean Tinguely sind zu sehen oder von Zeitgenossen wie dem Künstlerduo Lutz Guggisberg.

Tipp: Henriette Grindat

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Bemerkenswert in der Aargauer Surrealismus-Ausstellung sind die vielen Künstlerinnen. Ganz besonders zu empfehlen: die umwerfenden Fotografien und Foto-Collagen von Henriette Grindat. Die Bielerin montierte bis Ende der 1940er-Jahre Beine, Kleiderpuppen oder Hühnerköpfe zu Bildern, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen und von den Pariser Surrealisten bewundert wurden.

Kurator Peter Fischer ging es darum, die Kraft einer Kunst zu zeigen, die nicht mit dem Kopf zu verstehen ist. Das funktioniert. Das Ausstellungsthema wird so allerdings auch verwässert. Die erschlagende Fülle von Werken machen Orientierung und Differenzierung schwierig. Weniger wäre hier wohl mehr gewesen.

Sendung: Kultur-Akutualität, SRF 2 Kultur, 06.09.2018, 17.20 Uhr

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