Der Name von Luigi Snozzi hatte in Architektenkreisen einen wohltönenden Klang. Snozzi gilt als wegweisender Vertreter der «Tessiner Architekturschule» und als wichtiger Lehrer für zahlreiche Schweizer Architektinnen und Architekten. Jetzt ist Luigi Snozzi im Alter von 88 Jahren gestorben.
Ein Architekt sei wie ein Metzger, umschrieb Luigi Snozzi seine Profession: Jede bauliche Geste sei wie ein Akt der Zerstörung, wie ein Schnitt mit dem Messer in die Landschaft. Snozzi leitete daraus die Forderung ab: Wenn man sich dazu entschliesse, Architekt zu werden, dann solle man bei jedem Schnitt grösste Präzision walten lassen.
Modernist und Lehrmeister
Mit seinen Ideen und mit seinen Bauten schrieb sich Snozzi in die Schweizer Architekturgeschichte ein und inspirierte zahlreiche junge Architektinnen und Architekten. 1932 in Mendrisio geboren, studierte er an der ETH in Zürich.
1958 eröffnete er sein Architekturbüro in Locarno. Er lehrte in Zürich und Lausanne. Und er brachte mit seinen schnörkellosen Betonbauten die Moderne ins Tessin.
Vorbild von Herzog
Jacques Herzog, der renommierte Architekt vom Basler Duo Herzog und de Meuron, erinnert sich an Snozzi als aussergewöhnliche, auratische Persönlichkeit: «Er hat viel geraucht. Das Rauchen hat ihn begleitet wie einen Schleier.»
In seiner architektonischen Sprache hingegen war Snozzi stets ganz klar: «Seine Architektursprache war der Nachkriegsmoderne verpflichtet. Er arbeitete mit einfachen Materialien wie Sichtbeton. Es war eine schlichte Architektursprache, die der Idee der Gesellschaft und des städtischen Raumes verpflichtet war. Das einzelne Objekt, das sich wichtigmachen wollte, war bei Snozzi die Ausnahme.»
Bauen als soziales Konstrukt
Für Snozzi, der auch als Stadtplaner tätig war, waren Bauten immer Teile eines grösseren Ganzen. Das zeigt sich zum Beispiel an seinen Planungen für das kleine Örtchen Monte Carasso: Mit verschiedenen architektonischen Eingriffen wollte Snozzi die zersplitterte, anonym gewordene Siedlung wieder mit urbanem Leben füllen.
Luigi Snozzis Verständnis von Architektur hing eng mit seinem politischen Denken zusammen, sagt Jacques Herzog: «Er war kein Salon-Sozialist. Er wollte seine Architektur für die Veränderung der Gesellschaft einsetzen».
Snozzi plante unter anderem Sozialbauten. Auch weniger wohlhabende Menschen sollten in architektonisch wertvollen Räumen leben können.
Mann der spröden Geste
Gefallen haben diese Räume aber nicht jedem. Snozzis spröde, modernistische Ästhetik habe manche Menschen wohl überfordert, vermutet Jacques Herzog: «Viele Leute sind gar nicht erpicht darauf, mit dieser modernen, trockenen, spröden Architektursprache umzugehen. Da ist vielleicht sein politischer Anspruch gescheitert an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen.»
Das Gefällige, das Hübsche, das Spielerische waren Snozzis Sache nicht. Der Modernist aus dem Tessin verstand Architektur als kühne Geste. In Architekturkreisen hat er sich damit unvergesslich gemacht.