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British Library entblösst Obszönität für alle

Die British Library macht digital zugänglich, was sie 160 Jahre geheim gehalten hat.

Wurden Bücher als obszön eingestuft, stellte sie die British Library noch bis im Jahre 1990 in einen speziellen Schrank. Neben den 25 Millionen Werken der Bibliothek haben sich im sogenannten Private Case 2500 Bücher angesammelt. Nun wurde der Schrank geöffnet und digitalisiert.

Pflicht gegen Gesetz

Die British Library war bis 1973 Teil des British Museum und hatte die Pflicht, alle Bücher zu sammeln, die in Grossbritannien veröffentlicht wurden.

1857 wurde der «Obscene Publications Act» eingeführt, ein Gesetz, das die Verbreitung von obszönem Material strafbar machte. Mit dem Private Case kam die Bibliothek der Verpflichtung nach, weiterhin alles zu sammeln, gleichzeitig aber nicht gegen das neue Gesetz zu verstossen.

Wer den Schrank einsehen wollte, musste ein wissenschaftliches Interesse vorweisen und den Eindruck vermitteln, dass ihn die Lektüre nicht verderben könne.

Zwischen Erotik und Absurdität

Zu den besagten Werken gehören die Jahresbücher «Harris’s List of Covent Garden Ladies». Sie erschienen zwischen 1757 und 1795 und listen die Vorzüge von Prostituierten auf.

Zahllose Romane von Autoren mit Namen wie Roger Pheuquewell, in denen Männer beim Pflügen von Äckern ins Delirium verfallen, sind unglaublich kreativ im Umgang mit Metaphern.

Noch in den 1950er-Jahren landeten die Bücher der Pariser Olympia Press hier, zu denen literarische Werke wie die von William S. Burroughs gehörten.

Geisselungen der Viktorianer

Gemessen an den heutigen Standards habe es keine Schocks abgesetzt, erklärt Maddy Smith, die Kuratorin der British Library.

Was sie hingegen überrascht hätte, sei die Anzahl von Geschichten, in denen es um Geisselung ging. Mit solchen Fantasien hätten sich die Viktorianer sehr intensiv beschäftigt.

Digitalisierung macht’s möglich

Erst in den 1990er-Jahren hörte man auf, Bücher in diesen Schrank zu stellen. Es gibt weiterhin Publikationen, die nur mit Bewilligung eingesehen werden können – Anleitungen zum Bombenbasteln oder pädophile Texte etwa. Aber diese stehen anderswo. Alles, was im Private Case zu finden ist, ist legal.

Die British Library konnte sich eine Digitalisierung nicht leisten. Erst die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Digitalverlag Gale änderte dies.

Der Verlag hat allerdings sieben Jahre lang das Recht, die Sammlung kommerziell zu verwerten. Danach ist sie allgemein zugänglich. Universitätsbibliotheken oder auch die Nationalbibliothek müssten aber schon jetzt in der Lage sein, den Zugang herzustellen.

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