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Literatur zum Hören Müde Augen, wache Ohren

Hörbücher werden immer beliebter – vor allem dank Streamingdiensten und Hörabos. Nur: Kleine Verlage haben das Nachsehen.

Ob im Zug, im Fitnessstudio oder beim Kochen: Audiobooks sind in unserem Alltag zu einem beliebten Begleiter geworden.

Seinen Aufschwung verdankt das Hörbuch primär den Smartphones und Tablets. Sie erlauben, dass Geschichten mittlerweile überall verfügbar sind.

Gleichzeitig dürfte der günstige Preis die Popularität der Audiobooks beflügeln: Denn anders als noch zu CD-Zeiten gibt es mittlerweile Dutzende von Download-Plattformen und Streaming-Services, wo man sich für wenig Geld die Hörbücher beschaffen kann.

Zudem scheinen sich viele wieder auf die Ur-Lust des Geschichtenlauschens zurückzubesinnen, weil ihnen – durch das ständige Starren auf Bildschirme und Handys – die Augen schmerzen.

Der Kampf um Rechte

Vom Boom profitieren allerdings vor allem die grossen Hörbuch-Labels. Die meisten sind mittlerweile längst unter dem Dach von Konzern-Verlagen wie Random House oder Holtzbrinck.

Innerhalb dieser Verlagsgruppen kommen die Hörverlage einfacher zu Lizenzrechten an guten Stoffen. Sie haben damit die besseren Karten als kleine, unabhängige Verlage.

Seit immer mehr Leute von der CD auf Download-Plattformen und Streamingdienste ausweichen, sind die Erträge für die Hörverlage deutlich gesunken. Nur noch über die Masse lässt sich heute ein Geschäft machen.

Schweizer Verlage profitieren kaum

Unverändert bleiben aber nach wie vor die hohen Produktionskosten: Die Hörerinnen und Hörer erwarten eine gute Qualität und freuen sich an prominenten Sprecherinnen und Sprechern.

Das ist auch ein Grund, warum Schweizer Hörbuchverlage kaum von diesem Audio-Boom profitieren: Ihr Sortiment ist zu klein und zu regional, um damit Gewinn zu erwirtschaften. Der Basler Merian-Verlag hat deshalb seine Hörbuchsparte bereits 2018 wieder eingestellt.

Leipziger Buchmesse

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Hörbücher sind aktuell einer der thematischen Schwerpunkte an der Leipziger Buchmesse. Sie beginnt am 21. März und dauert bis zum 24. März.

So gesehen droht mittelfristig auch eine gewisse Verarmung in der Audio-Landschaft. Etliche literarische Audio-Perlen – gerade aus der experimentierfreudigen, unabhängigen Verlagsszene – werden wohl auf der Strecke bleiben.

Siri, Alexa und Co. als digitales Buchzeichen

Dem allgemeinen Hörbuch-Höhenflug wird dies aber kaum Abbruch tun: Branchenkenner sind sich einig, dass die nächste technische Revolution schon vor der Tür steht. Fieberhaft wird hinter den Kulissen an der Optimierung von sprachgesteuerten Geräten, sogenannten Smartspeakers, gearbeitet.

Sie werden uns den Zugriff auf Geschichten nochmals massiv vereinfachen: Statt entsprechende Tracks zu suchen, wird es schon bald möglich zu sein, die Geräte mit Inhaltsangaben zu steuern.

«Setz dort ein, wo die Schwester nachts von der Party nach Hause zurückkehrt»: Dieser Satz genügt, und schon kann man wieder an der richtigen Stelle in seine Geschichte eintauchen. Egal wo man sich gerade befindet – ob im Auto, in der Küche oder im Bahnhofbuffet.

Künstliche Stimmen statt Sprecher

Den anderen Fortschritt verspricht man sich auf dem Gebiet der künstlichen Stimmen: Sie sollen dereinst die Arbeit der Schauspielerinnen und Schauspieler übernehmen.

«Dann hätten wir endlich eine Art Bio-Zertifikat in der Branche», sagt zum Beispiel Harald Krewer, Leiter des Produktionsstudios «speak low» in Berlin: «Wir könnten uns dann von der Masse unterscheiden mit dem Vermerk: ‹Dieses Hörbuch wurde noch von einer echten, menschlichen Stimme eingelesen›».

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