Dunkler Bandname, helle Begeisterung: 2019 schaffte Black Sea Dahu den grossen Durchbruch. Frontfrau Janine Cathrein über den fabelhaften Aufstieg der Schweizer Folkband – und ein faszinierendes Fabeltier aus dem Jura.
SRF: Was hat sich für Sie mit dem Erfolg von Black Sea Dahu am meisten verändert?
Janine Cathrein: Ich bin nicht mehr zu Hause. Ich bin viel auf Tour, nur noch im Tourbus.
Fühlt sich das gut an oder hecheln Sie der eigenen Seele hinterher?
Das tönt, als wäre ich am Sterben (lacht). Das ist mein Traumberuf. Ich habe viel und lange dafür gearbeitet, dass das so ist, wie es jetzt ist. Aber es ist auch anstrengend, wenn man erfolgreich ist. Und es wird immer anstrengender.
Ihr Erfolg kam auch dank dem Streaming. Wie lief das damals?
Ich war eigentlich immer gegen das Streaming, weil du als Musikerin kein Geld davon siehst. Wenn du aber Leute hinter dir hast, die das System verstehen, denkst du plötzlich: Wir können das als Tool nutzen.
Weil es geht ja darum, dass die Musik an die richtigen Leute kommt. Es gibt auf der ganzen Welt viele Leute, die unsere Musik gerne haben. Aber die muss man zuerst mal erreichen.
Eine halbe Million Streaming-Abrufe bringen finanziell nichts?
Es kommt immer darauf an, wo gestreamt wird. In Indien bezahlst du viel weniger für das Abo als in der Schweiz, weil die einfach viel weniger Geld haben.
Da müsste man jetzt den Label-Chef fragen. Ich habe mich da irgendwann ausgeklinkt, weil ich mich lieber mit der Musik beschäftigen will.
Dahu ist ein Fabelwesen, das in den Schweizer Bergen lebt.
Bei Black Sea Dahu spielen auch ihre Schwester und ihr Bruder mit. Es ist nicht selbstverständlich, dass Geschwister so gut harmonieren. War das bei Ihnen immer so?
Musikalisch war das ein Geschenk, weil zum Beispiel die Stimmen meiner Schwester und mir die gleiche Farbe haben. Wenn wir zusammen singen, klickt etwas ein.
Wir machen das seit sieben, acht Jahren zusammen. Wir sehen uns täglich. Wir arbeiten zusammen. Das ist unser Leben. Das schweisst zusammen.
Was heisst Black Sea Dahu?
Dahu ist ein Fabelwesen, das in den Schweizer Bergen lebt, im Jura. Es hat zwei kürzere und zwei längere Beine, damit es besser am Hang stehen kann.
Das Dahu kann aber auch nur in eine Richtung gehen. Es gibt solche, die nur nach oben gehen. Und es gibt solche, die nur nach unten gehen, nur rechtsherum oder linksherum.
Wir machen so viel, wie es geht.
Was für ein Dahu ist ihre Band?
Eine Kombination. Das «Black Sea» hat mit dem Dahu gar nichts zu tun, sondern sie ist ein Auszug aus den Lyrics unseres Songs «White Creatures».
Wir wollten irgendein Fabelwesen im Bandnamen. Als wir das gelesen haben über das Dahu, haben wir uns die Bäuche gehalten vor Lachen.
Sie schaffen es, mit ihrer Musik eine grosse Ruhe auszustrahlen. Wollen Sie einen Gegenpol zur Betriebsamkeit des Alltags setzen?
Ja. Zu der Hektik und Schnelllebigkeit von heute.
Sie spielen im Moment fast täglich. Können Sie überhaupt noch nein sagen zu Anfragen?
Wir müssen nein sagen, weil wir so verbucht sind. Aber unsere Devise ist: Wir machen so viel, wie es geht. Weil uns das weiterbringt. Und weil wir das Reisen auch bezahlen müssen.
Für die Shows in Frankreich oder Belgien bekommen wir so wenig Geld, weil es ein neues Territorium ist. Das müssen wir mit Schweizer Shows wieder aufbessern. Sonst kommen wir mit roten Zahlen in drei Jahren aus diesem Schlamassel raus.
Jetzt musikalisch gesehen: Wo wollen Sie noch hin mit Black Sea Dahu?
Ich möchte so gern in einem Amphitheater mit einem Orchester spielen – wie Patrick Watson aus Kanada.
Der geht einfach in die Hauptstädte und mietet sich da einen Chor oder ein Orchester und hat eine Partitur, die man ihnen dann schickt. Dann übt er mit denen einen Tag lang und dann gibt es einfach eine Show. Das will ich machen.
Das Gespräch führte Irène Grüter.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Vorabend, 5.11.2019, 16:05 Uhr.