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Ein Porträt von Amy Winehouse, 2007.
Legende: Am 14. September 2018 würde Amy Winehouse ihren 35 Geburtstag feiern. Das Foto wurde 2007 aufgenommen. Keystone

Eine Stimme für die Ewigkeit Wie viel Jazz steckte in Amy Winehouse?

Keine Frage: Amy Winehouse gehört zu den grossen Stimmen ihrer Generation. Die Britin wurde jedoch stets mit den grössten Sängerinnen der Jazzgeschichte verglichen, etwa mit Ella Fitzgerald. Zu Recht?

Kaum kam das Debütalbum «Frank» 2003 heraus, kamen die Vergleiche. Da trat eine junge Sängerin in Erscheinung, die offen hörbar den Jazz liebte.

Sofort wurde Amy Winehouse mit den grössten Sängerinnen der Jazzgeschichte verglichen – etwa Ella Fitzgerald – oder zumindest in deren Nähe gerückt.

Schöne Komplimente für die junge, englische Sängerin, die bei Veröffentlichung ihres ersten Albums gerade mal 20 Jahre alt war. Andererseits wurde ihr damit auch ein grosses Erbe auferlegt.

Die grosse Liebe

Was war an den Vergleichen dran? Amy Winehouse schrieb den grössten Teil ihres Repertoires selbst, und ihre Musik war stark in der Vergangenheit verwurzelt. Da flossen Elemente aus Soul, Reggae und Jazz zusammen.

Ihre Stimme war geprägt von jazziger Verspieltheit und Phrasierung.

Auch der gelegentlichen Cover-Version eines Jazz-Klassikers wie «’Round Midnight» war sie nicht abgeneigt, und in Interviews gab sie ihrer Liebe zu Sängern wie Tony Bennett oder Frank Sinatra Ausdruck. Das sind äussere Anzeichen einer grossen Leidenschaft.

Jazzige Verspieltheit

Wichtiger scheint, wie Amy Winehouse die Vorgaben des Jazz umsetzte. Ihr Gesang war von einer ungeheuren Leichtigkeit geprägt, von einer Sicherheit im Umgang mit ihrer Stimme, von einer Fähigkeit, jede Melodie neu und anders zu interpretieren – sprich: Diese Stimme war geprägt von jazziger Verspieltheit und Phrasierung.

Man kann sich auf YouTube damit vergnügen, ihre verschiedene Versionen desselben Songs zu vergleichen. Kaum eine Version wird gleich sein wie die nächste: Amy Winehouse nahm sich immer viele Freiheiten heraus.

Künstlerisch älter

Die Vergleiche mit den absoluten Grössen des Jazz waren durchaus angebracht, speziell weil Amy Winehouse einen ausdrucksstarken Contralto besass, der ihr wahres Alter nicht verriet. Sie schien künstlerisch weitaus älter, reifer als sie es biologisch war.

Amy Winehouse hielt dem Druck der Öffentlichkeit und den Dämonen im eigenen Leben nicht stand und starb mit nur 27 Jahren an einer schweren Alkoholvergiftung.

Man fühlt sich an die vielen Jazz-Geschichten der Süchte erinnert, etwa an Billie Holiday oder Chet Baker, aber auch an die vielen Musiker der Rockgeschichte, die im gleichen Alter starben.

Solch frühe Tode hinterlassen das Gefühl, die Welt sei beraubt worden. Auch bei Amy Winehouse.

Ein kleines grosses Erbe

Dieses Talent, diese Stimme einer ganzen Generation hinterliess ein schmerzlich schmales Werk: nur zwei CDs waren es zu Lebzeiten, danach folgten noch einige Kompilationen mit Live-Tracks, Demos und alternativen Versionen. Das ist wenig, gleichzeitig aber hochstehendes Material.

Amy Winehouses Wurzeln mögen die 60er-Jahre gewesen sein, doch sie kombinierte die stilistischen Elemente auf eigene Art. In diesem Sinn war jede Stilschublade für ihre Musik stets die falsche.

Jede Stilschublade für ihre Musik war stets die falsche.

Sie lehnte sich bei der Soul Music an, sie sang Jazz, aber die Beats hätten aus der Welt des Hip Hop stammen können. Amy Winehouse war eine Sängerin, die mit jazziger Technik auf höchstem Niveau soulige, eingängige Pop-Songs sang, ohne dass man letztlich hätte sagen können, welcher musikalischen Welt sie angehörten.

All das machte die britische Sängerin einzigartig.

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