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Musik Ethio Jazz – Psychedelische Sounds aus Äthiopien

Jazz gepaart mit Funk, dazu ein wenig psychedelischer Rock und traditionelle Klänge aus Äthiopien – das ist Sahara Swing oder Ethio Jazz. Mulatu Astatke, in den 70ern ein Star, trieb diese Musik zur Blüte. Dann wurde er vergessen, aber nur für 30 Jahre. Jetzt erlebt der Oldstar ein Comeback.

«2001 kam mir zum ersten Mal äthiopische Musik zu Ohren, als ich in New York im Studio ein Album abmischte», erzählt der Münchner Gitarrist Jan Weissenfeldt alias J.J. Whitefield. «Die Musik stammte von einem Album von Mulatu Astatke von 1972. Kurz darauf stiess ich auf weitere frühe Platten von ihm und war angefixt.»

Der Veteran im Rampenlicht

Weissenfeldt suchte weiter und entdeckte einen grossen Fundus aus wundersamem Klängen. Sie waren unter dem Titel «Éthiopiques» beim französischen Buda-Label erschienen und dokumentierten die Musikszene von Addis Abeba in den frühen 70er-Jahren. Ethio Jazz oder Sahara Swing wurde der Stil damals genannt.

Bislang sind 28 Alben in der «Ethiopiques»-Serie erschienen und auf einigen ist Mulatu Astatke mit von der Partie. Weil sie vor allem bei einem jungen Publikum auf offene Ohren stiessen, rückten die Wiederveröffentlichungen den Veteranen wieder ins Rampenlicht. «Ethio-Jazz» erlebte ein unerwartetes Comeback. Das Revival erhielt einen zusätzlichen Schub durch Jim Jarmusch und seinen Film «Broken Flowers», wo etliche Stücke von Mulatu Astatke im Soundtrack zu hören sind.

Vibrierendes «Swinging Addis» der 1970er

Als der inzwischen ältere Herr mit grau-meliertem Haarkranz und silbernem Oberlippenbart diese Aufnahmen machte, war er ein junger Mann und in Äthiopien ein kleiner Star. Damals – Anfang der 70er-Jahre – trat er regelmässig in den Clubs von «Swinging Addis» auf und machte mit einem Sound Furore, der Jazz und Funk mit den arabischen Melodien seines Heimatlands zu einem afro-psychedelischen Mix verband.

Addis Abeba, London, Bosten, New York und zurück

Astatke besuchte zuerst ein Internat in Wales, dann studierte er in London Musik. Nachts jammte er in den Clubs der englischen Hauptstadt. Doch die USA lockten. Er wechselte ans renommierte Berkeley College of Music in Boston.

Bereits mit 20 Jahren war der 1943 geborene Astatke weit herumgekommen, aber es ging weiter. Um 1963 ging er nach New York. Dort gründete er das Ethiopian Quintet und spielte zwei Platten unter dem Titel «Afro-Latin Soul» ein. Markante Klavier-Riffs, dichte Latin-Rhythmen und schwebende Vibrafon-Töne bestimmten den Sound.

Globales Aufhorchen

Ende der 60er-Jahre kehrte Astatke nach Äthiopien zurück und wurde eine treibende Kraft in den Clubs von Addis Abeba. Richtungsweisende Aufnahmen entstanden. Als 1974 eine sozialistische Junta die Macht übernahm und eine Ausgangssperre verhängte, trocknete die Szene aus. Mulatu Astatke geriet in Vergessenheit.

Anfang der Nullerjahre, rund dreissig Jahre später, wurde der Vibrafonist wiederentdeckt und zum Star einer internationalen Szene junger Musiker, die sich von den Addis Sounds inspirieren liessen. Überall auf dem Globus horchten Musiker auf, wie auch Jan Weissenfeld in München.

Seine Band Karl Hector & The Malcouns verbindet die arabischen Melodien des Ethio-Jazz mit Funk, Jazzrock und Afrobeat und zu einem aufregenden psychedelischen Sound. «Wir leben in einer globalen Zivilisation, wo im Internet die Kultur des ganzen Planeten zusammenfliesst», erklärt Weissenfeldt. «Diese Situation spiegelt sich in unserer Musik wieder.»

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