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Musik «Film of Life»: Das neue Album vom wahren Erfinder des Afrobeats

Der Siegeszug des Afrobeat der 1970er-Jahre wird fast ausschliesslich Fela Kuti zugesprochen. Doch kein Afrobeat ohne «Beat»! Diesen lieferte damals während 15 Jahren Tony Allen. Nun erscheint sein neues Album «Film of Life».

Auf dem Cover des neuen Albums «Film of Life» hält sich der nigerianische Schlagzeuger Tony Allen mit beiden Händen den Mund zu. Will er seine Geschichte gar nicht erzählen? Doch. Aber Tony Allen spricht, wenn er an seinem Schlagzeug sitzt. Auf diese Weise erzählt er von seiner grossen musikalischen Vergangenheit. Eine Geschichte, die unbedingt erzählt werden muss, denn Tony Allen hat einen zeitlosen Schlagzeug-Rhythmus erfunden: den Afrobeat. Und dieser Beat klingt auf seinem neuen, modernen Album noch genauso frisch wie auf den Aufnahmen aus den 1970ern mit Fela Kuti.

Forscher und Erfinder

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Tony Allen: «Film of Life», Jazz Village, 2014.

Tony Allen kommt 1940 in Lagos zur Welt. In seinen frühen Jahren spielt er wider Erwarten keine traditionelle Afro-Perkussion. Seine Faszination gilt von Anfang an dem modernen Schlagzeug, das er bei seiner Arbeit als Radiotechniker kennenlernt. Als Autodidakt übernimmt er von amerikanischen Jazzschlagzeugern wie Art Blakey und Max Roach die Weise, wie sie die Cymbal-Becken und High-Hat einsetzten. Er überträgt dies auf die afrikanische Musik – ein Novum.

Mitte der 1960er-Jahre lernt Tony Allen den jungen Sänger, Multiinstrumentalisten und Aktivisten Fela Kuti kennen und spielt in dessen Bands von 1964 bis 1979. Gemeinsam entwickelten sie den Afrobeat. Nach ihrer Trennung konzentriert sich Tony Allen auf seine Solokarriere. Er bleibt dem Afrobeat treu, kombiniert diesen aber weiter mit anderen Stilen wie Dub, Space Jazz und International Pop.

Der Afrobeat und seine «köchelnde» Wirkung

Die Erfindung von Tony Allen und Fela Kuti ist eine rhythmische Kombination aus traditioneller Trommelsprache der Yoruba (Afrikanische Volksgruppe), Highlife Musik (Afrikanischer Jazz) und dem US-amerikanischen Funk. Die Verankerung in der westlichen Musik macht den Rhythmus populär und zugänglich für den Hörer, auch für Nicht-Afrikaner. Und trotzdem bietet die Struktur des Afrobeat all die möglichen polyrhythmischen Überlagerungen, die in der Afrikanischen Musik so einzigartig sind. Dabei ist der Afrobeat kein krachend lauter Beat, sondern er hat eine dynamisch «köchelnde» Wirkung – was optimal für die zeitlich ausgedehnten Kompositionen und Zeremonien Fela Kutis war.

«Film of Life» ist kein Hollywood-Streifen

Für sein zehntes Soloalbum hat Tony Allen, unter anderen Gästen, auch den «Blur»-Sänger Damon Albarn dabei. Die Zusammenarbeit zwischen Albarn und Allen geht zurück ins Jahr 2006. Und sie ist sinnbildlich dafür, was Tony Allen mit dem Afrobeat anstellen will und was auf «Film of Life» zu hören ist: eine Verschmelzung des traditionellen Afrobeats mit neuen, sphärischen Sounds, Stilen und Texten. Für diese Produktion arbeitete Tony Allen mit dem jungen, noch eher unbekannten französischen Produzententrio «The Jazzbastards» zusammen, die dem Album ihren eigenen Klang-Stempel aufdrücken. Ein Musiker von Tony Allens Kaliber hätte für «Film of Life» die prämiertesten Produzenten der Welt anrufen können – aber «Film of Life» sollte kein Hollywood-Streifen sein.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Vorabend, 27.10.14, 16:00 Uhr

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