«Ja, wir brauchen Kultur.» Mit diesen Worten eröffnet Bundesrat Alain Berset das diesjährige Lucerne Festival. Kultur verbinde, sagt er: «Vor allem dann, wenn wir sie live erleben.»
Musikalisch eröffnet die 79-jährige Pianistin Martha Argerich: Rasend schnell, temperamentvoll und geradezu jugendlich frisch interpretiert sie das erste Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven.
Künstlerinnen und Künstler aus der Schweiz
Die Argentinierin lebt seit vielen Jahren in Genf. Deshalb gehört sie zur ersten Wahl der verkürzten Corona-Ausgabe des Lucerne Festivals.
Um zusätzliche Risiken durchs Reisen zu vermeiden, treten überwiegend in der Schweiz lebende Musikerinnen und Musiker auf. Das tut der Qualität der Konzerte am Eröffnungswochenende keinen Abbruch.
Im Gegenteil: mit Martha Argerich steht eine Ausnahmekünstlerin auf der Bühne. Ihr Spiel ist technisch brillant, ihre Interpretation ist witzig und charmant. Und sie zeigt immer wieder die besonderen rhythmischen Raffinessen in Beethovens Musik auf.
Wendig und agil mit 93
Zu den international erfolgreichen Wahlschweizern gehört auch der Dirigent Herbert Blomstedt. Der Schwede wohnt in Luzern. Mit seinen 93 Jahren gibt er jetzt sein Debüt als Dirigent des Lucerne Festival Orchestra. Wendig und agil klingt das Orchester unter seiner Leitung.
Blomstedt setzt auf kurze Artikulation und wenig Vibrato. Er hat mit seiner Probenarbeit das Lucerne Festival Orchestra hörbar weiterentwickelt zu einem präzisen und klangkräftigen Kammerorchester.
Der Klang der Abstandsbestimmungen
Wegen der Abstandsbestimmungen spielt das Lucerne Festival Orchestra in kleiner Besetzung – und passt damit bestens in die Zeit Beethovens. Für die Uraufführung der Werke dieses Abends stand Beethoven genau solch ein Orchester zur Verfügung.
Im Vergleich zu grösseren modernen Formationen erhalten hier die Bläser mehr Gewicht, der Klang bekommt mehr Farbe und Kontur. Herbert Blomstedt gestaltet den Mix aus modernen Instrumenten und historischer Besetzung und Spielweise sehr stimmig.
Luftige Bestuhlung und gratis Stoffmasken
Rund um die Musik hat das Lucerne Festival den Konzertablauf minutiös geplant. Nur die Hälfte der knapp 2000 Sitzplätze wird verkauft. Es gibt gratis Stoffmasken in verschiedenen Grössen. Längere Einlasszeiten machen es möglich, dass alle mit Abstand ihren Sitzplatz einnehmen können.
Dagegen sucht man grosse Abendgarderobe und Cüpli in diesem Jahr vergeblich. Die Geselligkeit bleibt ziemlich auf der Strecke. Doch mit Standing Ovation zeigt das Publikum deutlich, wie dankbar es ist, endlich wieder Livemusik erleben zu können.