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Musik Musik gegen Margaret: die «Eiserne Lady» als Zielscheibe

Die kürzlich verstorbene Margaret Thatcher war selbst unerbittlich. Konsequenterweise schlug der ehemaligen britischen Premierministerin aus der Rockmusik Grossbritanniens blanker Hass entgegen.

Margaret Thatcher, von 1979 bis 1990 Premierministerin des Vereinigten Königreichs, war unter den britischen Musikerinnen und Musikern ganz und gar nicht beliebt. Mit ihren Frontalangriffen aufs Sozialsystem, der Einführung einer Kopfsteuer («Poll Tax»), ihrer harten Haltung beispielsweise im Bergarbeiterstreik von März 1984 bis März 1985 und ihrem eisernen Bemühen und Willen, in der Gesellschaft radikal neoliberale Werte zu installieren, brachte sie die Rockszene in corpore gegen sich auf.

Keine Gnade für die «Eiserne Lady»

Musiker, die sie verteidigt hätten, sind offenbar nie aufgetaucht. In allen Thatcher-Song-Listen, die bereits an Margaret Thatchers Todestag zu zirkulieren begannen, erscheint kein einziges Stück, das für die Vorsitzende der Konservativen Partei ein gutes Wort einlegt.

«I’m In Love With Margaret Thatcher», rumpelte es zwar im April 1979, also Monate vor Thatchers Wahl, auf einer Single der ansonsten kaum bekannten Punkband «The Notsensibles». Die Ironie in diesem Lied ist eher von der einfachen Sorte: «Oh Margaret Thatcher is so sexy / She's the girl for you and me / I go red when she's on the telly / 'Cos I think she fancies me».

Costellos Schlussbilanz der Ära Thatcher

Wesentlich härter, wenn auch nicht subtiler, ging da das anarchistische Kollektiv «Crass» ans Werk. «Wie fühlt es sich an, die Mutter von tausend Toten zu sein?» fragten sie in einem Liedtitel. Sie bezogen sich dabei auf Thatchers Rolle im Falklandkrieg: «Deine Arroganz hat diese Leichen ausgeweidet / Dein Betrug hat sie getäuscht, es sei das Opfer wert / Deine Lügen überzeugten die Leute, das vergeudete Blut zu akzeptieren / … / Es war Deine Entscheidung, diese jungen Knaben dahinmetzeln zu lassen».

Es gebe «No Alternative But To Fight», stellte die Reggaegruppe «Dub Syndicate» schlicht fest - also «keine Alternative, nur den Kampf».

Der Sänger Elvis Costello veröffentlichte 1989 auf dem Album «Spike» schon fast die Schlussbilanz der Ära Thatcher, das Lied «Tramp The Dirt Down»: «Als England die Hure der Welt war», singt Costello da, «war Margaret ihre Puffmutter / Und die Zukunft sah hell und klar aus wie / Der schwarze Teer / Ich hoffe, sie schläft nachts gut / und wird nicht von jedem kleinen Detail heimgesucht». Das Lied endet in einer regelrechten Verfluchung: «Wenn sie dich am Ende beerdigen / Werden sie dastehen und lachen und den Dreck festtreten.»

Freude auf Thatchers Tod

Audio
Klingende Rückschau auf «Thatcher-Songs» von Musikredaktor Beat Blaser
aus Kultur kompakt vom 09.04.2013.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 38 Sekunden.

Lieder, die sich schon vor fast 30 Jahren über Margaret Thatchers Tod freuten, gibt es einige: «Margaret On The Guillotine» stellte sich 1988 der Sänger Morrissey vor. «Leute wie du machen mich so müde. So bitte stirb», textete er da. Und die «Blow Monkeys» dachten im Gespann mit dem Soulsänger Curtis Mayfield zu funky Hochglanztanzmusik an den Tag nach Thatcher, den sie feiern würden («(Celebrate) The Day After You»).

Der Songwriter Pete Wylie besang 2011 auf dem Riff von «Wild Thing» schlicht «The Day That Margaret Thatcher Dies»: «Wenn Margaret Thatcher stirbt, wird es keine Tränen geben / Spar dir deine Sorgen für die Leute, die sie jahrelang zertreten hat / Sie folterte den Norden von Watford mit bösartigem Hass». Und auch Wylie wollte feiern, wenn die Baroness tot war.

Breites Spektrum der Musik

Der Beispiele gibt es Dutzende mehr. Gebündelt war ein Teil dieser Proteste in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre im Musikerkollektiv «Red Wedge» («Roter Keil»), dem so namhafte Grössen wie Paul Weller («The Jam», «Style Council»), Jimi Somerville («Bronski Beat», «The Communards») und Gary Kemp («Spandau Ballet») angehörten.

Der Anti-Thatcher-Protest kam also nicht nur von Songwritern und Formationen wie Billy Bragg oder «The Redskins», die sich immer schon explizit politisch geäussert hatten, sondern auch aus einem breiteren Spektrum der Musik, von Figuren mit grossem Popappeal und internationalen Hitparadenklassierungen. Eine Breite und Fülle von politischen Äusserungen, die sich seither nicht mehr wiederholt hat.

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