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Musik Pfingstkonzerte katapultierten das Publikum aus der Landidylle

Seit 20 Jahren finden in der Kartause Ittingen die Ittinger Pfingstkonzerte statt. Künstlerischer Leiter ist der Schweizer Musiker Heinz Holliger – dieses Jahr zum letzten Mal. Seine letzte Ausgabe der Pfingstkonzerte überzeugte mit einer grossen Programmvielfalt.

Kartause Ittingen

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Die Kartause Ittingen war einst im Besitz des Kartäuser-Ordens. 1848 wurde das Kloster aufgehoben. Heute beherbergen die Gebäude das Kunstmuseum Thurgau, einen landwirtschaftlichen Gutsbetrieb, ein Heim für betreutes Wohnen sowie Konzert- und Tagungsräume. Die Ittinger Pfingstkonzerte finden zum grössten Teil der sogenannten «Remise» statt.

Alles kam bei den diesjährigen Pfingstkonzerten zusammen: Leiter Heinz Holliger ist Oboist, Dirigent und Komponist, dazu pianistisch begabt und literarisch höchst belesen, der neusten Musik ebenso zugetan wie der alten. Alt und Neu treten sich in Ittingen so direkt gegenüber wie bei keinem andern Festival: Früher zum Beispiel Bach und die Musik des 20. Jahrhunderts, oder Schumann und die «Romantiker» der Gegenwart. Doch ist dieses Gegenüber nie blosser Kontrast.

Aus der Landidylle katapultiert

Dank einem Motto treten die beiden Welten Alt und Neu, Bekannt und Unbekannt in einen Dialog miteinander – auch beim diesjährigen Konzert, das Heinz Holliger als künstlerischer Leiter – nach dem Abgang von Andras Schiff vor einem Jahr – allein und als sein letztes gestaltete.

«Focus 14» hiess das Motto der Pfingstkonzerte. Und gemeint war natürlich die Zeit um 1914, die geradezu eine Explosion in den Künsten und in der Musik mit sich brachte. So katapultierte denn auch manches Werk das Publikum aus der zeitlosen und beschaulichen Landidylle in die nervösen Anfangsjahre unserer modernen Epoche zurück. Nicht nur musikalisch, sondern auch mit einer ganzen Reihe von Trakl- und Morgenstern-Vertonungen; beide Dichter starben 1914.

Von Bach bis Strauss

Sendehinweise

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Konzertaufnahmen von den Ittinger Pfingstkonzerten

Radio SRF 2 Kultur:

15. Juni, 21 Uhr

Konzertaufnahmen von den Ittinger Pfingstkonzerten II

Radio SRF 2 Kultur:

26. Juni, 20 Uhr

Gemeint war mit dem Motto aber auch 1714, das Geburtsjahr von Carl Philipp Emanuel Bach. Er war zu seiner Zeit ebenso ein Moderner wie gut 100 Jahre später Gustav Mahler, Paul Hindemith oder Max Reger. So begannen die meisten Konzerte mit einem seiner Klavierwerke, die Alexander Lonquich auf einem Fortepiano spielte. Und führten fort zu einem jener Wiener Komponisten, die den Einfluss Bachs auf ihre eigene Musik offen bestätigten: Haydn, Mozart, Beethoven.

Auch der 1864 geborene Jubilar Richard Strauss kam zu Ehren: Der Komponist Aribert Reimann hatte seine «Ophelia-Lieder» für Singstimme und Ensemble bearbeitet, und Juliane Banse, Sopranistin und Strauss-Interpretin, liess sich diese Uraufführung nicht entgehen. Zur Freude des Publikums wurde das Werk gleich zweimal geboten.

Aussergewöhnlich – in vielerlei Hinsicht

CD-Hinweis

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Seit 1995 hat Schweizer Radio DRS/SRF jedes Jahr mehrere Konzerte mitgeschnitten. Eine Auswahl davon präsentiert eine 6-teilige CD-Box mit über sieben Stunden Musik: «20 Jahre Ittinger Pfingstkonzerte».

Diese Programmvielfalt ist nur möglich dank einem Ittinger Ensemble. Seine hochkarätigen Musiker aus der Schweiz und dem nahen Ausland treten in immer wieder neuen Kombinationen auf. Und wenn sie nicht an der Reihe sind, so hören sie dem Spiel ihrer Kollegen zu – auch das aussergewöhnlich.

Zusammen mit dem Ensemble sind in Ittingen immer wieder hervorragende Stargäste zu hören. Dieses Jahr etwa der Klarinettist Jörg Widmann oder die Sopranistin Juliane Banse. Sie liess sich als Artist in residence verpflichten und trat in mehreren Konzerten auf. Ihr erstaunliches Spektrum zeigte sie in Musik von Johann Sebastian Bach, Gustav Mahler und Heinz Holliger selbst.

Holligers Blick zurück

Mehr zu Heinz Holliger

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Zum 75. Geburtstag von Heinz Holliger zeigt SRF Kultur ein zehnteiliges Web-Special mit spektakulären, kuriosen und berührenden Musikmomenten aus Heinz Holligers Leben mit der Musik und für die Musik.

Seine «Morgenstern-Lieder» hatte Holliger 1956/57 als 18-jähriger geschrieben – und begleitete nun als 75-jähriger die Sopranistin selbst am Klavier. Berührend dieser Blick Holligers zurück auf sein Jugendwerk, überraschend die Musik des jungen Paul Hindemith, umjubelt die Interpretationen von Juliane Banse und Jörg Widmann.

Man ist froh, nach solchen Eindrücken nicht gleich wieder im städtischen Durchgangsverkehr zu stehen, sondern vorerst in der weiten Thurgauer Landschaft.

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