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Mann mit ernstem Gesicht in einem Gerichtsaal
Legende: Phil Spector wurde 2009 wegen Mordes verurteilt. Getty Images / Pool

Produzent Phil Spector ist tot An Phil Spectors Klangmauer entzweiten sich die Beatles

Am Musikproduzenten schieden sich die Geister: Seine «Wall of Sound» dürfte bei der Trennung der Beatles eine Rolle gespielt haben.

Der musikalische Beitrag Phil Spectors ist schnell benannt: er prägte als Produzent die «Wall of Sound», eine dicht gewebte, massive Wand aus Klang, vor der sich Sängerinnen und Sänger in Szene setzen konnten.

Jeder Song, jede Aufnahme war ein gigantisches Ereignis: wo anderen ein Schlagzeug genügte, liess Spector öfters deren drei antreten. Gitarren, Bässe, Tasteninstrumente – alles wurde mehrfach besetzt und geschichtet, dazu für noch mehr Wirkung mit viel Hall durchsetzt.

Dicht und kraftvoll

Das war bei seiner ersten Aufnahme «To Know Him Is to Love Him» von den Teddy Bears 1958 so, in Zeiten, als es noch keine Möglichkeit für Mehrspuraufnahmen gab. Spector besetzte dafür die Positionen doppelt, wenn nicht gar dreifach.

Dem selben Format blieb er auch später treu, und das hatte massiven Einfluss: die atmosphärisch dichten, unüberhörbar kraftvollen Aufnahmen von Soul-Hits wie «Be My Baby» von den Ronettes wurden für alle möglichen Musiker zur Vorlage, zum Beispiel für die Beach Boys Mitte der 1960er-Jahre oder für Bruce Springsteens «Born to Run» ein Jahrzehnt später.

Schwarzweissbild von Spector neben einem Mischpult
Legende: Mit der vergleichsweise einfachen Aufnahmetechnik der 60er- und 70er-Jahre schuf Phil Spector beeindruckend Klangwände. Getty Images / Michael Ochs Archives

Phil Spector hinterliess tiefe Spuren, im positiven wie im negativen. Er schrieb mit «River Deep Mountain High» eine der aufsehenerregendsten Singles der 1960er-Jahre, die er von Ike & Tina Turner interpretieren liess. Doch das Stück, das er auf ausdrucksstark produzierte, wurde nicht zum erwarteten Mega-Hit.

Phil Spector und die Beatles

Nicht jeder mochte Spectors Produktionsart, sie könnte gar bei der Auflösung der Beatles eine Rolle gespielt haben. Als es darum ging, die leicht missratenen Aufnahmen zum geplanten Projekt «Get Back» zurechtzurücken, lud John Lennon Phil Spector als Produzenten ein.

Spector war die präzise Antithese zur Rückkehr zum einfachen Rockband-Format, die Paul McCartney angedacht hatte. Spector versah das Material mit Streichern und choralen Arrangements und fügte es zum Album «Let It Be» zusammen.

Um seine Arbeit entstand ein Grabenkampf: Während Lennon und George Harrison mit ihm ihre ersten Solo-Alben aufnahmen, störte sich McCartney dermassen an «Let It Be», dass er es Jahrzehnte später ohne Spectors Beiträge nochmals herausgab. Die Neubearbeitung erschien 2003 unter dem Titel «Let It Be... Naked».

Passt die «Wall of Sound» zu Leonard Cohen?

Phil Spector war eine umstrittene Figur: Er nahm mit den Punk-Pionieren Ramones und mit dem sensiblen kanadischen Troubadour Leonard Cohen auf, und in jedem Fall fragte man sich, ob sein Soundempfinden wirklich zu diesen Interpreten passte.

Vor allem aber hörte man immer mehr verstörende Geschichten über den exzentrischen Produzenten aus der Bronx: Er sei aufbrausend, lege oft einen Revolver auf das Mischpult, um seine Forderungen notfalls auf andere Art durchzusetzen.

Zu 19 Jahren Haft verurteilt

Die Rede war aber auch von Drogenexzessen und Gewaltausbrüchen, deren Opfer vor allem Frauen wurden. 2003 kam in seinem Haus die Schauspielerin Lana Jean Clarkson durch einen Revolverschuss in den Mund zu Tode.

Sechs Jahre später wurde Phil Spector des Mordes für schuldig erklärt und erhielt 19 Jahre Haft. Dort ist der aufsehenerregende Produzent nun 81-jährig gestorben.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 18.1.2021, 07:00 Uhr.

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