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Musik «Sing some shit» – Bad Bonn schenkt sich ein einmaliges Songbook

Der winzige Club Bad Bonn hat sich in seiner 25-jährigen Geschichte zu einem einflussreichen Konzertlokal gemausert, die jährliche «Bad Bonn Kilbi» gilt vielen als bestes Festival der Schweiz. Zum Geburtstag erscheint ein Liederbuch, das so einzigartig und eigenwillig ist, wie Bad Bonn selbst.

«Nichts wird je an meinen ersten, zweiten und dritten Auftritt in Bad Bonn herankommen. So fühlt sich ein Zuhause an, wenn man unterwegs ist.» So beschreibt die Musikerin Cat Power den Club Bad Bonn. Sie ist nicht die einzige Musikerin, die sich mit dem wohl eigenwilligsten Konzertlokal der Schweiz eng verbunden fühlt.

Buchhinweis

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Patrick Boschung, Daniel Fontana, Adeline Mollard, Katharina Reidy (Hg.): «Bad Bonn Songbook». Edition Patrick Frey, 2016.

Grosse Stars am Arsch der Welt

Bad Bonn, das ist ein kleines Häuschen in Düdingen im Kanton Freiburg – «am Arsch der Welt», wie es auf der Homepage heisst. Seit 1991 finden hier Konzerte statt. Schrullige Musik ist hier zu hören, Eigenwilliges, fernab des Mainstreams. Mancher, der auf der winzigen Bühne von Bad Bonn stand, hat es zu Weltruhm gebracht. Cat Power etwa. Auch Sonic Youth haben hier gespielt, oder die Queens of the Stone Age. Jedes Jahr findet die Bad Bonn Kilbi statt, ein dreitägiges Festival – das inzwischen innerhalb von Minuten ausverkauft ist.

Nicht nur beim Publikum sind Bad Bonn und die Kilbi beliebt. Auch bei den Künstlern bleibt der Ort in Erinnerung. Woran das liegt? «Bei uns ist immer jemand da, der sich um die Band kümmert», sagt Daniel Fontana, den die Musiker als «Duex» kennen. Nur schon, dass jemand den Künstlern «Hallo» sagt, sei nicht in jedem Club üblich. Und es habe auch mit der Natur zu tun, sagt er: «Hier passiert rundherum nichts. Man muss miteinander reden.» Die Musiker haben hier Zeit, essen gewöhnlich auch im Haus. Viele geniessen das.

Website zum Buch

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Unter www.bbsongbook.ch finden sich Videos zu den Songs aus dem Buch. Die Musiker liefern hier zusätzliche Erklärungen zu ihren Songs. Zudem können eigene Interpretationen der Lieder aus dem Songbook hochgeladen werden.

«Die Geschichte interessiert uns nicht so»

Zum 25. Geburtstag wollte man ein Buch herausgeben – eine Chronik sollte es ursprünglich werden. «Aber wir haben schnell gemerkt, dass das Archiv nichts hergibt», sagt Duex. «Die Geschichte interessiert uns auch nicht so sehr, wir schauen lieber auf das Jetzt.» Deshalb hat man sich für ein Liederbuch entschieden. Während rund drei Jahren wurden die Musiker gebeten, eines ihrer Lieder niederzuschreiben. Das so entstandene Songbook spiegelt den eigenwilligen Geist von Bad Bonn. Verewigt sind darin viele weniger bekannte Musiker, vereinzelt findet man aber auch klingendere Namen wie The Flaming Lips, Bonnie «Prince» Billy oder Future Islands.

Wer die Lieder nachspielen möchte, wird in den meisten Fällen auf Schwierigkeiten stossen. Zwar sind unter den 160 Einträgen auch einige echte Notenblätter zu finden. Aber in den meisten Fällen haben die Musiker Zeichnungen, Collagen oder handgeschriebene Liedtexte gestaltet. Der St. Galler Manuel Stahlberger hat zum Beispiel einen Liedtext aufgeschrieben, die Musik beschreibt er lediglich mit «Rhythmus, Blues, irgendwas». Der Kanadier Mac DeMarco liefert dafür genaue Instruktionen zum Gitarrenspiel, zum Text heisst es dafür bloss «sing some shit».

Bad Bonn Kilbi 2016

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Die Bad Bonn Kilbi findet vom 2. bis 4.6.2016 in Düdingen statt. Das Festival ist bereits ausverkauft.

Beklebte Platten und Spassvögel

Die Seiten sind mal skizzenhaft, hingekritzelt. Mal sind es liebevoll gestaltete Kunstwerke. Mehrseitige Comics finden sich im Buch, Fotos, experimentelle Neukompositionen und unzählige kreative Wege, Musik aufs Papier zu bringen. Der Schweizer Klangkünstler Strotter Inst. gibt zum Beispiel Anweisungen, wie man Schallplatten bekleben muss, damit man seine Klanglandschaften nachspielen kann. Der Schlagzeuger Julian Sartorius notiert lediglich auf, in welcher Reihenfolge linke und rechte Hand zum Einsatz kommen, die Anleitung hat er in Form eines Vögelchens gestaltet.

Wenn man das Songbook durchblättert, hat man das Gefühl, man schaue ein Gästebuch an. Das Gästebuch von einem Ort, an dem ziemlich einzigartige Menschen verkehren. Das Buch ist ein kleines Denkmal für einen einzigartigen Ort in der Schweizer Musiklandschaft.

Die Verbundenheit mit Bad Bonn, die Musiker wie Cat Power beschwören, ist kein leeres Versprechen. Wenn Cat Power heute in der Schweiz spielt, tritt sie in grösseren Lokalen in Zürich auf. Doch zuerst ruft sie in Düdingen an – der Veranstalter der Konzerte ist immer noch Bad Bonn.

Sendung: Radio SRF 1, Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 10.3.2016, 17:30 Uhr

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