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Zum Tod des Jazz-Produzenten Creed Taylor
Aus Kultur-Aktualität vom 26.08.2022. Bild: Getty Images/Jack Vartoogian
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Zum Tod von Creed Taylor Der Ermöglicher, der Ray Charles und John Coltrane gross machte

Die breite Masse kannte Creed Taylor nicht. Die Jazz-Talente, die der Produzent förderte, wurden jedoch weltberühmt, etwa Stan Getz, Gil Evans, oder Astrud Gilberto. Nun ist Taylor im Alter von 93 Jahren gestorben.

Die Diskrepanz zwischen Creed Taylors Wirkung für den Jazz und seinem Bekanntheitsgrad bei einem breiteren Publikum ist maximal. Was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass die Arbeit eines Produzenten nicht auf der hell erleuchteten Bühne stattfindet, sondern in der Regel in der Abgeschiedenheit von Aufnahmestudios hinter dick gepolsterten Türen. In diesem Ambiente entfaltete Creed Taylor seine Fähigkeiten.

Der richtige Riecher

Zuerst geht es darum, die richtigen Musikerinnen und Musiker zu finden. Taylor scheute keinen Aufwand, um auch die kleinste Gelegenheit nicht zu verpassen.

Als der Gitarrist Charlie Byrd ihm in den frühen sechziger Jahren steckte, dass in Brasilien eine neue Welle, der Bossa Nova, am Durchstarten sei, setzte sich Taylor sofort ins Flugzeug.

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Er recherchierte vor Ort, und brachte schliesslich die richtigen Leute für seine Bossa-Produktionen zusammen: die Komponisten Tom Jobim und Joao Gilberto, den Saxofonisten Stan Getz und die Sängerin Astrud Gilberto. Und bei «Desafinado» klingelten 1962 die Kassen.

Vertrauen schaffen

Taylor schaffte das nicht zuletzt, weil er als ehemaliger Trompeter auch die Perspektive der Ausübenden kannte. Der Respekt, den er seinen Künstlerinnen und Künstlern entgegenbrachte, generierte das Vertrauen, das nötig war, um epochale Projekte zu realisieren.

Schwarzweiss-Foto eines jungen Mannes in hellem Rollkragenpulli mit Seitenscheitel, die Hände in den Hosentaschen
Legende: Creed Taylor entdeckte früh seine Leidenschaft für den Jazz und wollte zuerst selbst professioneller Trompeter werden. Getty Images / Michael Ochs Archives

Er war nicht der Diktator im Regieraum, sondern der Ermöglicher, welcher Potenzial erkannte, und den Rahmen zur Realisierung bot.

Immer der Erste

Dass er epochale Projekte quasi in Serie schaffen konnte, bewies er 1961. In diesem Jahr erschienen sechs Platten, die allesamt Jazzgeschichte schrieben: «The Great Kai & J.J.», «The Incredible Kai Winding Trombones», Ray Charles' «Genius + Soul = Jazz», «Out Of The Cool» von Gil Evans, Oliver Nelsons «The Blues And The Abstract Truth» und «Africa/Brass» von John Coltrane.

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Coltrane verpflichtete er für das neu gegründete Label Impulse! – lange bevor der spätere Produzent Bob Thiele ins Spiel kam.

Ruheloser Macher

Creed Taylor verliess das Label Impulse! schon ein Jahr, nachdem er es gegründet hatte. Es sollte auch ohne ihn Jazzgeschichte weiterschreiben. Die Initialzündung, der Impuls, kam allerdings von ihm.

Natürlich gab er keine Ruhe. Kaum weg von Impulse! folgte mit CTI ein Label, mit dem Taylor weitere Karrieren startete, zum Beispiel mit «Prelude» die des brasilianischen Pianisten Eumir Deodato.

Noch 2009 tourte Creed Taylor mit der CTI All Stars Band durch Europa und feierte am Jazz Festival Montreux eine Premiere, die auf CD und DVD dokumentiert wurde.

Verve Records verabschiedete den Produzenten mit einer letzten Signatur, berühmt geworden als Creed Taylors persönlicher «Stamp of Approval».

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 26.08.2022, 17:20 Uhr

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