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Netzwelt Lange inoffiziell, jetzt ganz legal: Remixe erobern Spotify

DJs arbeiten mit Songs von anderen Künstlern. Das führt immer wieder zu rechtlichen Komplikationen. Ein Unternehmen will nun DJ-Mixe und Remixe ganz legal bei Streaming-Diensten anbieten. Die Lösung bringt auf den ersten Blick für alle Parteien Vorteile. Und doch gibt es einen grossen Verlierer.

DJs sorgen dafür, dass sich Altes neu anhört: Sie remixen Songs oder fügen mehrere Titel zu einem langen Mix zusammen.

Viele schätzen DJ-Mixe als Weg, neue Musik kennenzulernen. Nutzer von Streamingdiensten wie Spotify oder Apple Music haben jederzeit etwa 40 Millionen Songs zur Verfügung. Viele benötigen bei dieser gigantischen Auswahl Hilfe und hören sich deshalb mit Playlists durchs Angebot.

Ein noch besserer Wegweiser durch die Song-Vielfalt sind aber DJ-Mixe: Sie werden von Menschen zusammengestellt, die sich in einem Genre sehr gut auskennen und die einzelnen Titel zu einem runden Mix zusammenfügen.

SoundCloud

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Die 2008 gegründete Plattform ermöglicht das einfache und uneingeschränkte Teilen von Audio-Dateien. Nach Streitigkeiten wurden Abkommen mit den grossen Plattenfirmen getroffen: Diese können nun bestimmte Inhalte sperren oder sich mit Werbeeinnahmen entschädigen lassen. Berichten zufolge will Spotify SoundCloud aufkaufen.

Tracks aus dem Schlafzimmer

Auf der Musikplattform SoundCloud finden sich unzählige solche Mixe. Hochgeladen werden sie meist von sogenannten «Bedroom Producers»: Amateur-DJs, die ihre Werke im «eigenen Schlafzimmer» zusammenstellen und hochladen.

Sie haben damit SoundCloud einen Katalog von 100 Millionen Titeln beschert, der monatlich von 175 Millionen Nutzern gehört wird.

Der Haken an der Sache: Die DJs sind mit ihren inoffiziellen Mixen rechtlich oft auf dünnem Eis, weil sie die Musikstücke ohne Erlaubnis verwenden.

Komplizierte Rechtslage

Die Erlaubnis, einen Song in einem Mix zu verwenden, ist nicht leicht einzuholen. Es gibt viele Rechteinhaber, die berücksichtigt werden müssen, wie Fabian Niggemeier vom Rechtsdienst der Suisa erklärt: «Zum einen gibt es die Aufnahme, die vom Künstler kontrolliert wird, zum anderen die Komposition von einem Urheber.»

Der Künstler wird von einer Plattenfirma vertreten, der Urheber von einem Verlag. Beide müssen bei der Verwendung um Erlaubnis gefragt werden, manchmal sind mehrere Urheber über verschiedene Verlage involviert.

Die Rechteklärung wird schnell unübersichtlich: «Bisher wurde das in vielen Fällen nicht gemacht», sagt Niggemeier. Plattenfirmen gingen deshalb zuweilen resolut gegen die DJ-Mixe auf SoundCloud vor.

Ein Paar Kopfhörer vor dem Spotify-Logo.
Legende: Streamingdienste boten bisher aus rechtlichen Gründen keine DJ-Mixe an. Dank einer neuen Software ändert sich das. Reuters

Die Erlaubnis automatisch einholen

Das Unternehmen Dubset will diese verfahrene Situation klären: Es bietet einen Dienst an, der die verwendeten Stücke automatisch erkennt, die Erlaubnis bei den Rechtinhabern einholt, und Einnahmen entsprechend an alle Urheber verteilt.

Spotify und Apple Music haben Dubset bereits integriert und bieten jetzt auch inoffizielle Remixe an. Längere DJ-Mixe sollen später folgen.

Legalisieren, was ohnehin schon gemacht wird

Wenn der Dienst so zuverlässig funktioniert, wie Dubset verspricht, bietet das für DJs eine enorme Vereinfachung, sagt Niggemeier: «Es ist für sie eine Möglichkeit, relativ einfach die Bearbeitungserlaubnis für ein Stück zu bekommen.»

Sampling und Remixe

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Im Rap und in der elektronischen Musik führt die Verwendung fremder Songs oft zu Streitigkeiten. Aktuelles Beispiel: Der Rapper Jay-Z nutze in einem Song Elemente aus einem Stück des Schweizers Bruno Spoerri. Der klagte und bekam Recht. «Wäre das Original bei Dubset dabei, hätte dieser Streit wohl verhindert werden können», sagt Fabian Niggemeier.

Und auch für die anderen Beteiligten bietet das System Vorteile: Eine bisher oft illegale Praxis wird legalisiert, die Rechtinhaber werden beteiligt, genauso wie die Verlage und Plattenfirmen.

Wieviel Dubset den Rechteinhabern wirklich bringt, muss sich erst zeigen. Dennoch sagt Niggemeier schon jetzt: «Insgesamt ist das zu begrüssen, es ist ein Schritt in die richtige Richtung.»

Alles Gewinner?

Führt dieses System also zu einer Win-Win-Situation, die alle glücklich macht? Es sieht danach aus. Wobei natürlich nicht alle gleichviel gewinnen: Hauptprofiteure sind die Streaminganbieter, die sich so den Weg zu zahlreichen von Nutzern hochgeladenen Inhalten eröffnen.

Die Künstler bekommen zwar einen Anteil, doch der wird bei Streamingdiensten oftmals als zu gering kritisiert. Und schliesslich gibt es bei dieser Sache doch auch einen Verlierer: SoundCloud. Die Plattform muss fürchten, dass die «Bedroom Producers», die ihr so grossen Erfolg beschert haben, nun zur Konkurrenz abwandern.

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