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Meisterflieger Mauersegler Der Boden ist Luft für ihn

Zehn Monate fliegen – ohne einen Fuss auf den Boden zu setzen: Kaum ein Vogel lebt so abgehoben wie der Mauersegler.

  • Mauersegler sind perfekt an das Leben in der Luft angepasst.
  • Sie fressen und übernachten in der Luft – manchmal haben sie dort auch Sex.
  • Der älteste Mauersegler wurde 21 Jahre alt und flog in seinem Leben geschätzte 3,9 Millionen Kilometer – zehnmal zum Mond und zurück.

Die Dorfkirche von Meltingen im Kanton Solothurn ist auch ein Hotel für Mauersegler. Es bietet 43 Nistkästen an bevorzugter Lage im Dachstock, eine gute Rundumsicht und freie Flugbahn in alle Richtungen.

Eröffnet wurde das Hotel 2008, als die Kirche renoviert wurde. «Damals willigte die Kirchgemeinde ein, die Nistkästen einzurichten», sagt die Biologin Susanna Meyer.

Zwischen jedem Dachbalken wurde ein Loch durch die Mauer gebohrt. Dieser Eingang führt in eine kleine Kammer im Dachstock, die mit einem Brett abgedeckt ist.

Drei Vögel in
Legende: Die Brutzeit verbringen sie in der Kirche Meltingen: Die Mauersegler werden hier von Susanna Meyer untersucht. SRF/Thomas Häusler

50 Junge ausgeflogen

Die Mauersegler mögen das Hotel Kirche Meltingen: «2008 haben wir mit zwei Brutpaaren begonnen. Danach ist die Zahl kontinuierlich gestiegen, und dieses Jahr werden wir 23 Bruten haben.»

Das war im Juli, mittlerweile sind die Vögel auf dem Rückweg ins Wintergebiet in Afrika. 21 Mauerseglerpaare haben erfolgreich gebrütet, 50 Junge sind ausgeflogen.

Aufwändige Beobachtung

Während der Brutzeit besucht Susanna Meyer die Mauersegler in der Kirche Meltingen regelmässig. Sie misst die Grösse der aufwachsenden Jungen, bestimmt ihr Gewicht und beringt sie.

Durch den Ring mit einer eindeutigen Nummer kann sie nachverfolgen, welche Vögel wieder zurückkehren und welche in andere Brutkolonien ausweichen. Meyer betreut insgesamt zwölf Kolonien in den Kantonen Baselland und Solothurn. Alles in ihrer Freizeit.

Video
Mauersegler-Flug in Slow Motion (Video: Susanna Meyer)
Aus Kultur Extras vom 15.07.2017.
abspielen. Laufzeit 13 Sekunden.

Sex in der Luft

Mauersegler sind Meisterflieger. Sie sind perfekt an das Leben in der Luft angepasst: Sie fangen Insekten, sammeln das Nistmaterial und sie übernachten dort – und manchmal haben sie dort auch Sex.

Dass Mauersegler tatsächlich die Nacht in der Luft verbringen, hat der Baselbieter Emil Weitnauer schon in den 1950er-Jahren herausgefunden. Weitnauer war Primarlehrer in Oltingen. Er hat seine Spyren, wie die Mauersegler auf Baseldeutsch lautmalerisch genannt werden, über 50 Jahre lang untersucht.

Beobachtung aus dem Flugzeug

Weitnauer begleitete Mauersegler abends mit einem Flugzeug beim Aufstieg in die Höhe. Dabei entdeckte er, dass die Teenager, die noch nicht brüten, in der Luft übernachten.

Bei Tagesanbruch beobachtete er sie wieder aus dem Flugzeug, wie sie vom Schlafplatz in der Höhe abstiegen. Emil Weitnauer hat auch die Wachstumskurven der Jungvögel gemessen, die Susanna Meyer heute noch verwendet, um das Alter der Heranwachsenden zu schätzen.

Hand hält Mauersegler
Legende: In Meltingen: Die Mauersegler werden regelmässig gemessen, gewogen und beringt. SRF/Thomas Häusler

Schwedische Forscher haben vor kurzem gezeigt, dass Mauersegler ausserhalb der kurzen Brutzeit die ganze Zeit in der Luft verbringen: Während der Wanderung nach Afrika und im Wintergebiet landen die allermeisten zehn Monate lang kein einziges Mal.

Verlorene Jungvögel adoptiert

Nicht alle Nistplätze sind so komfortabel wie im Hotel Kirche Meltingen. Die Mauersegler suchen sich oftmals enge Plätze unter Dachziegeln oder Giebeln aus, die im Sommer sehr heiss werden können. Dann kriechen die Jungen zur Öffnung, um kühlere Luft zu erhaschen. Dabei fallen sie manchmal aus dem Nest.

Wer einen solchen jungen Mauersegler findet, kann bei der Vogelwarte in Sempach anrufen. Sie vermittelt eine Fachperson, die den Jungvogel übernimmt.

Susanne Meyer bekommt immer wieder solche Tiere. Sie gibt sie dann einem ihrer Brutpaare in Obhut. Mauersegler ziehen bis zu drei Junge auf. Haben sie nur zwei im Nest, adoptieren sie den geretteten Vogel willig, wenn Susanna Meyer ihn in den Nistkasten legt.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 12.08.2017, 12:40 Uhr

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