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Nobelpreis für Medizin Zwei Sturköpfe machen Schlagzeilen

Immuntherapien stellen die Krebstherapie auf den Kopf. Zwei Forscher bekamen deshalb heute den Nobelpreis für Medizin.

Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Krebs. Für viele Patienten, die an besonders aggressiven Krebsarten leiden, heisst die grosse Hoffnung seit einigen Jahren Immuntherapie.

Die Grundlage für diese Krebstherapie legten der Amerikaner James P. Allison von der Universität in Texas und der Japaner Tasuku Honjo von der Universität in Kyoto. Dafür wurden sie heute mit dem Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet.

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Nobelpreis für Meilenstein im Kampf gegen Krebs
Aus Tagesschau vom 01.10.2018.
abspielen. Laufzeit 40 Sekunden.

«Ich freue mich, dass die beiden den Preis bekommen haben. Ohne ihre Sturheit gäbe es die Immuntherapie nicht, die heute so grosse Schlagzeilen macht», sagt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.

Die Entdeckung der Bremsmoleküle

Die beiden Forscher entdeckten unabhängig voneinander, dass unser Immunsystem Bremsen hat – sozusagen ein eingebautes Sicherheitssystem, damit es nicht Amok läuft.

Dieses Sicherheitssystem funktioniert, weil bestimmte Moleküle unser Immunsystem ausbremsen und dafür sorgen, dass die Immunzellen ihren Job nicht machen.

Eigentlich ein sinnvoller Mechanismus. Er bewirkt, dass sich überbordende Immunreaktionen nicht gegen den eigenen Körper richten und uns zum Beispiel mit Autoimmunerkrankungen oder Allergien ausser Gefecht setzen.

«Unser Immunsystem ist nicht dafür ausgelegt, auf Dauer zu laufen», sagt Katrin Zöfel, «diese Bremsen stoppen es automatisch». Doch bei Krebs wird das zum Problem.

Denn Tumorzellen nutzen diesen Bremsmechanismus, um unter dem Radar unseres Immunsystems hindurch zu schlüpfen. Gelingt ihnen das, werden sie nicht mehr als gefährlich wahrgenommen und können sich ungehemmt vermehren.

Revolution in der Krebsmedizin

Die beiden nun ausgezeichneten Forscher entdeckten nicht nur diesen Mechanismus. Sie schafften es auch, die Immunbremse zu lösen und die Immunzellen dazu zu bringen, den Krebs zu bekämpfen.

1994 machte James P. Allison einen ersten Versuch und blockierte das Bremsmolekül CTLA-4 in Mäusen, die einen Tumor hatten. Das Resultat versetzte sein Labor in helle Aufregung: Die Mäuse konnten geheilt werden. Später wurde die Therapie auch bei Menschen getestet und ist seit 2011 auf dem Markt.

Eine Krebszelle.
Legende: Herkömmliche Therapien greifen die Krebszellen direkt an. Die Immuntherapie nutzt dafür das körpereigene Immunsystem. Imago

Parallel dazu entdeckte der Japaner Tasuku Honjo ein anderes Molekül mit Bremswirkung – das Protein PD-1. Er entwickelte ebenfalls eine Blockade dieses Proteins, konnte das Immunsystem dadurch wieder aktivieren und eine Immuntherapie daraus entwickeln.

Hoffnung bei aggressivem Krebs

«Die Immuntherapie setzt die Sicherungsmassnahmen, die das Immunsystem bei gesunden Menschen in Schach halten, ausser Kraft», erläutert Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel. «Man löst die Bremsen und fährt das ganze Immunsystem hoch. Deswegen haben die Medikamente teils heftige Nebenwirkungen.»

Dass die Immuntherapie dennoch einen solchen Boom erfährt, liegt daran, dass sie besonders bei aggressiven Krebsarten Erfolge zeigt, wo es bisher kaum Hoffnungen gab: bei Schwarzem Hautkrebs, Lungenkrebs oder Nierenkarzinomen. Zuvor hatten diese Patienten kaum Überlebenschancen.

Sie haben unbeirrbar weitergemacht

Dennoch war lange Zeit nicht absehbar, dass die beiden Tumor-Immunologen James P. Allison und Tasuku Honjo heute den Nobelpreis für Medizin erhalten würden. Über Jahrzehnte kam die Forschung an der Immuntherapie nicht recht vom Fleck.

«Aber die beiden haben auf einem Gebiet, über das sehr lange sehr gelacht wurde, weil es keine Erfolge vorweisen konnte, unbeirrt weitergemacht», so Zöfel. Dafür wurden sie heute belohnt.

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