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Diskussion um Ständemehr Ständemehr: Ausgedient oder Grundpfeiler der Demokratie?

Mit dem Volks-Ja und dem verpassten Ständemehr ist mit der Konzernverantwortungsinitiative ein äusserst seltener Fall eingetreten: Sie ist erst die zehnte von insgesamt 637 Vorlagen, die einzig am Ständemehr gescheitert ist. Zuletzt war das 2013 beim obligatorischen Referendum zum Familienartikel der Fall gewesen. Dennoch führt dieser Umstand zu angeregten Diskussionen in der SRF Community.

Ein veraltetes System in einer neuen Welt der Politik?

Ist das Ständemehr überhaupt noch zeitgemäss oder wird hier ein veraltetes System angewendet? Für SRF-User Marcel Zischler ist klar: «Zum Glück gibt es den Föderalismus. Sonst würden die Randregionen nur noch durch die Städter regiert werden. Das nennt man Demokratie!» Auch Lukas Gubser empfindet die Stände als sinnvolles Werkzeug der Schweizer Politik: «Dass Ständemehr schützt den sozialen Frieden und ist extrem wichtig.»

Das Ständemehr schützt die Kantone vor einem gewaltigen, bürokratischen Zentralstaat und schützt so insbesondere die Minderheiten in den kleinen Landkantonen. Föderalismus- und Ständemehr sichern Wohlstand, Demokratie und Minderheitenschutz.
Autor: christian.vogel.ch SRF-User

Doch einige Userinnen und User sehen dies anders. So schreibt Bettina Wölnerhanssen auf Facebook: «Das Ständemehr ist einfach nicht mehr zeitgemäss.» Instagram-User «the_fabc» empfindet dies ähnlich: «Und wie lange wollen wir diese alten eingerosteten Stände dominieren lassen?»

Weil etwas seit 146 Jahren existiert, heisst dies nicht, dass es richtig ist. Die ‹Minderheiten› sind keine Benachteiligten. Im Gegenteil: Es ist die Minderheit, die mehr Macht hat. Aus meiner Sicht ist das einfach nur undemokratisch und nicht zeitgemäss.
Autor: dariushtofighi15 SRF-User

Trotz Volksmehr gescheitert – seltener Fall

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In der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative ist ein äusserst seltener Fall aufgetreten: Sie ist erst die zehnte von insgesamt 637 Vorlagen, die einzig am Ständemehr gescheitert ist. Zuletzt war das 2013 beim obligatorischen Referendum zum Familienartikel der Fall gewesen.

Ein noch klareres, dem Volkswillen widersprechendes Ständemehr gab es bisher nur einmal: 1955, als über die Volksinitiative «Mieter- und Konsumentenschutz» abgestimmt wurde, waren 15 von 22 Kantonen dagegen, bei einem knappen, 50.2-prozentigen Ja des Stimmvolks.

Führt das Ständemehr zu einem Machtungleichgewicht der Kantone?

Anlässlich des Entscheids des Ständemehrs wird nun stark diskutiert, welche Rolle den kleinen und grossen Kantonen der Schweiz zukommen soll. «Meine lieben Mitbürger/-innen, weshalb zählt meine Stimme (aus Zürich) weniger als diejenige von jemanden aus Zug oder Uri?», fragt Maurice Piguet in einem Kommentar. Auch Oliver Dombas schreibt: «Das Volk sagt ja zur KVI. Als Westschweizer wäre ich wohl einmal mehr ausser mir in Anbetracht dieser Deutschschweizer Kleinstkantone, die das Volk überstimmen können.»

Doch das Ständemehr wird in der Community auch verteidigt. So schreibt Patrick Steiner auf der Website von SRF: «Gelebte Demokratie. Initiativen brauchen Volks- und Ständemehr. Wer das nicht mittragen kann, dem soll doch mal gesagt sein, in wie vielen Abstimmungen die kleinen Kantone von den Stadtkantonen überstimmt werden.» Unterstützung erhält er von User Thomas Leu: «Das Ständemehr für Verfassungsänderungen wurde nicht einfach aus Spass in die Verfassung aufgenommen. Es ist vital für den »Vielvölkerstaat« Schweiz.»

Das Ständemehr polarisiert die Schweiz. Welche Gedanken machen Sie sich zum Ständemehr? Sagen Sie es uns in den Kommentaren.

Abstimmungsstudio, 29.11.2020, 12 Uhr; sda ; 

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