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Digitale Karten Open Street Map lässt Google in vielen Bereichen alt aussehen

Neben den bekanntesten Anbietern gibt es einen weiteren Kartendienst, der ebenso mächtig ist, aber im Schatten des Platzhirsches Google Maps steht: Open Street Map.

Nach der Gründung 2004 fristete Open Street Map in den ersten Jahren ein Nischendasein, weil die Karten lückenhaft waren. Heute ist der Dienst ein ernsthafter Konkurrent zu den etablierten Anbietern. Facebook etwa, aber auch Apple, Amazon und die SBB setzen auf Open Street Map.

Wie bei Wikipedia sind es die Benutzer, die Basisdaten beisteuerten, etwa indem sie mit einem GPS-Gerät Strassenverläufe aufzeichnen. Jeder kann die Daten der anderen aktualisieren und so dazu beitragen, dass die Karten immer besser werden und Fehler schnell wieder verschwinden. Kartenliebhaber, die das regelmässig tun, quasi als Hobby, nennen sich «Mapper».

Alle Kartendaten sind willkommen

Zum Beispiel Simon Poole: Der frühpensionierte Internetpionier der ersten Stunde begann sich vor rund zehn Jahren für Open Street Map zu interessieren. Bald engagierte er sich auch in der Stiftung, die hinter dem Kartendienst steckt und die technische Infrastruktur betreibt. Beim Schweizer Ableger sitzt Simon Poole heute im Vorstand.

Ein Grund für den Erfolg der Karte sei, dass Open Street Map nicht auf einen einzigen Verwendungszweck ausgelegt sei, also beispielsweise nicht nur Autofahrer bediene: «Jeder kann etwas dazu beitragen – wir nehmen alle Daten», so Poole.

Durch diese Offenheit besitzt Open Street Map nicht nur Daten, die für Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer interessant sind, sondern auch sehr spezifische Informationen, wie etwa Angaben zu Hochspannungsmasten. Diese Einträge hat ein Benutzer aus der Community gemacht, der sich speziell für diese Infrastruktur interessiert und seine Daten in den Kartendienst übertragen hat.

Kartendaten à discretion

Der zweite Grund für den Erfolg: Open Street Map ist nicht gewinnorientiert. Wer eigene Anwendungen erstellen will, kann die Kartendaten kostenlos nutzen unter einer Open Data-Lizenz: Quellenhinweis und Share Alike. Letzteres bedeutet, dass jeder, der Änderungen an den effektiven Daten macht, diese unter derselben Lizenz zur Verfügung stellen muss.

Wenn beispielsweise eine Firma Open Street Map-Daten verwendet, um damit eine App zu programmieren, in der zusätzlich zur normalen Karte alle Radarfallen der Schweiz eingetragen sind, darf sie für ihr Produkt Geld verlangen, muss die Daten der Blitzkästen aber auch für alle kostenlos auf der Original Open Street Map anbieten.

Neben den Benutzerinnen und Benutzern, die Kartendaten ergänzen, trägt auch diese Auflage dazu bei, dass Open Street Map immer mächtiger und qualitativ besser wird.

Open Street Map wäre Milliardär

Aber gratis heisst nicht wertlos: Ein Beratungsunternehmen hat kürzlich Open Street Map-Karten auf rund zwei Milliarden Dollar geschätzt, eine eher konservative Annahme, meint Simon Poole. Schliesslich liege der grosse Wert einer digitalen Karte nicht im einmaligen Erstellen, sondern im kontinuierlichen Pflegen der Daten.

In der Schweiz haben bis heute etwa 10'000 Personen mindestens einmal mit eigenen Daten die Karte verbessert und so noch wertvoller gemacht. Pro Tag sind bis zu 70 Leute in der Schweiz am «Mappen», ein Hobby, so Simon Poole, das einem die Augen für Neues öffne, auch in einer Region, die man eigentlich schon bestens zu kennen glaubt.

Espresso, 06.01.2020, 08:13 Uhr

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