- Studenten gehen auf die Strasse
Alles begann mit einer friedlichen Grossdemonstration: Am 23. Oktober 1956 gingen Studenten in Budapest auf die Strasse, um ihre Solidarität mit dem polnischen Arbeiteraufstand im Juni zu bekunden. Die Studenten wollten aber noch weitere politische Interessen kundtun. In einer 14-Punkte-Resolution forderten sie den Abzug der sowjetischen Truppen, Neuwahlen und eine Regierung unter Imre Nagy, einem geschassten Ministerpräsidenten, der als Reformer galt.
- Der Aufstand wird blutig
Mit ihren Forderungen trafen die Studenten den Nerv der Zeit. Insgesamt beteiligten sich 200‘000 Menschen an der Demonstration. Über den staatlichen Radiosender wollten sie ihre Anliegen der ganzen Nation verkünden. Dem kommunistischen Regime gingen diese Massnahmen jedoch zu weit. Entgegen seinen ursprünglichen Versprechungen erteilte Parteichef Ernö Gerö den Schiessbefehl – die ersten Toten waren zu beklagen. Einige Offiziere und Soldaten sympathisierten mit den Aufständischen und es kam zu Strassenschlachten.
- Hoffnung keimt auf
Die kommunistische Partei gab schliesslich dem Druck der Strasse nach und ernannte Imre Nagy zum neuen Ministerpräsidenten. Die Hoffnung auf Freiheit und Reformen keimte auf. Nagy versprach die Wiedereinführung des Mehrparteiensystems, Pressefreiheit und den Abzug der Sowjettruppen. Am 1. November verkündete er die Neutralität Ungarns und den Austritt aus dem Warschauer Pakt und bat die USA und die UNO um Hilfe – vergeblich.
- Grausame Vergeltung
Die westliche Unterstützung traf nie ein und die Machthaber in Moskau wollten dem Treiben in Ungarn nicht tatenlos zusehen. Im Morgengrauen des 4. November marschierten die Truppen der Roten Armee ein. Mit ungeheurer Feuerkraft gingen die Sowjets in Budapest und anderen Städten gegen den Volksaufstand vor. Gut zehn Tage später war der Widerstand im Land gebrochen und der Traum von Freiheit zu Ende. Die Kämpfe forderten auf ungarischer Seite 2500 Todesopfer. Die sowjetischen Truppen verloren rund 700 Mann. Hoffnungsträger Nagy wurde verhaftet und nach einem Schauprozess 1958 hingerichtet. Insgesamt wurden 230 Todesurteile vollstreckt.
1. Grosse Solidarität in der Schweiz
Mit 12'462 Flüchtlingen hatte die Schweiz gemessen an der Bevölkerungsgrösse eines der grössten Kontingente übernommen. Die Solidarität der hiesigen Bevölkerung mit dem kleinen Land, welches sich gegen die Besatzungsmacht auflehnte, war gross. «Diese Menschen – der Hölle entronnen – sind müde und ohne Hoffnung», kommentierte die Schweizer Filmwochenschau die Ankunft des ersten Sonderzuges. Zur Betreuung der Flüchtlinge wurde auch die Armee aufgeboten. Der dreiwöchige Einsatz stellte den ersten Aktivdienst seit Kriegsende dar. Aus Protest gegen die Vorgehensweise der Sowjetunion boykottierte die Schweiz gar die Olympischen Spiele in Melbourne Ende 1956.2. Gelungene Integration
Insgesamt blieben rund 7000 Geflüchtete definitiv in der Schweiz. Staatliche und gemeinnützige Stellen leiteten eine Reihe von Fördermassnahmen ein. Die meisten Emigranten erhielten sofortigen Sprachunterricht, über 500 Studenten erhielten einen Studienplatz und ein «Ungarn-Stipendienfonds» wurde eingerichtet. Der Umstand, dass in der Schweiz Vollbeschäftigung herrschte und dass es sich bei den Geflüchteten grösstenteils um qualifizierte Facharbeiter und Studenten handelte, begünstigte die grosse Solidarität.