Die USA kürzen die Gelder im humanitären Bereich. Auch in anderen Ländern stehen Regierungen mehr und mehr unter Druck, weniger für humanitäre Hilfe und Menschenrechte auszugeben. Norwegen aber macht es anders. Konkret hat das Land angekündigt, 18 Millionen Dollar pro Jahr dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte zu spenden. Die Gründe dafür erklärt SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann.
SRF News: Warum macht Norwegen das?
Bruno Kaufmann: Für Norwegen ist die Menschenrechtsförderung ein erklärter Schwerpunkt der Aussenpolitik. Man macht das innerhalb der UNO, der OSZE und im Europarat. Vor allem ist Norwegen daran gelegen, die Rechte der indigenen Völker zu stärken und auch der Menschenrechtskämpfer. Das sind in Norwegen wichtige Themen. Das hat mit der Tradition des Friedensnobelpreises zu tun.
Andere Staaten schrauben ihre Beiträge zurück. Will Oslo ein Zeichen setzen?
Ganz klar. Norwegen will auch in diesem Bereich eine eigenständige Aussenpolitik führen. Man setzt auf multilaterale Organisationen. Norwegen ist Mitglied der Nato und Ur-Mitglied der UNO. Norwegen zeigt, dass man auf diese Fragen setzt und noch mehr investieren muss.
Norwegen kann sich das leisten, anders als andere Länder.
Das ist so. Norwegen hat das schwarze Gold, das Öl und das Gas, das seit 30 Jahren aus der Nordsee in die norwegischen Staatskassen fliesst.
Von diesen hunderten von Millionen Dollar, die von der Ölförderung genutzt werden können, will man nicht alles im eigenen Land investieren.
Da hat man im letzten Jahr die Marke von einer Milliarde Franken im Staatsfonds erreicht. Nur ein kleiner Teil kann verbraucht werden, der Rest wird investiert. Aber von diesen hunderten von Millionen, die genutzt werden können, will man nicht alles im eigenen Land investieren, sondern eben auch in der Aussenpolitik. Das tut man gerade mit UNO-Projekten im Bereich der Menschenrechte.
In anderen Ländern stehen Politiker mehr und mehr unter Druck, weniger für humanitäre Hilfe im Ausland auszugeben. Warum denn in Norwegen nicht?
Ja, das ist interessant, denn Norwegen wird seit einigen Jahren von einer rechtskonservativen Regierung geführt, auch die populistische Fortschrittspartei hat wichtige Ämter und Departemente besetzt. Und gerade diese Fortschrittspartei hat sich in den vergangenen Jahren gegen eine liberale Einwanderungspolitik ausgesprochen. So wie andere solche Parteien auch, aber gleichzeitig auch gefordert viel mehr in den Schutz der Menschenrechte vor Ort in Krisengebieten zu investieren.
Die norwegische Fortschrittspartei hat sich gegen eine liberale Einwanderungspolitik ausgesprochen, aber gleichzeitig auch hat sie gefordert, mehr in den Schutz der Menschenrechte vor Ort zu investieren.
Da gibt es einen Konsens in der norwegischen Politik zwischen der Regierung und der rotgrünen Opposition. Deshalb wird Norwegen unter dieser Regierung mehr Geld dafür aufbringen.
Ganz uneigennützig ist die Investition in die Menschenrechte nicht. Norwegen gibt Geld für humanitäre Hilfe aus, damit weniger Flüchtlinge in den Norden kommen.
Ja, das ist der Zusammenhang und der hat auch etwas für sich. Wenn die Menschenrechte an vielen Orten gestärkt werden, müssen weniger Menschen flüchten. Norwegen sieht sich zwar als sehr wohlhabendes, aber als kleines Land. Es leben nur fünf Millionen Menschen da und man hat ein sehr starkes nationales Gefühl. Norwegen ist seit 100 Jahren ein eigenständiger Staat. Deshalb möchte man in diese Werte der Demokratie und der Souveränität investieren und auch andere Länder unterstützen.
Ist das nicht ein Tropfen auf einen heissen Stein?
Selbstverständlich. Norwegen erlebt das immer wieder. Man braucht sich nur an den Oslo-Prozess zu erinnern, den Friedensprozess im Nahen Osten zwischen Palästinensern und Israeli, der letztlich gescheitert ist. Auch an vielen anderen Orten hat Norwegen immer wieder versucht, Einsätze zu machen. Ohne diese vielen Tropfen auf den heissen Stein geht es nicht. Man kann mit relativ wenigen Mitteln relativ viel bewirken.
Gibt es einen ähnlichen Trend in Finnland, Schweden, Dänemark?
Ja, die Tradition ist sehr ähnlich. Die nordischen Staaten haben sehr stark auf die UNO gesetzt. Man war ja lange nicht Mitglied der EU. Norwegen ist es ja bis heute nicht, aber man setzt auf die UNO und auf die Menschenrechte. Gerade in dem Jahr, in dem die Erklärung der Menschenrechte 70 Jahre alt wird, möchten die Skandinavier ein Zeichen setzen. Dänemark, Schweden und Finnland unterstützen diese Politik auch. Norwegen ist nur ein Land von vielen Staaten im Norden, die diese Politik auch mittragen.
Das Gespräch führte Claudia Weber.