Das Polizeiaufgebot war massiv – alle in Virginia erinnern sich an die blutigen Ausschreitungen in Charlottesville vor zweieinhalb Jahren:
Doch der Protest in Richmond verlief friedlich. Auch wenn die Demonstranten alles unternahmen, um bedrohlich zu wirken. Und Camouflage, Totenkopfmasken und fette Munitionsgürtel trugen. Jerry, angereist aus Missouri, präsentiert stolz sein Sturmgewehr. Die halbautomatische AR-15 ist sehr beliebt unter Waffennarren in den USA, auch viele Amokläufer benützen sie, etwa bei den Attentaten in El Paso oder Las Vegas.
Der Verkauf von Sturmgewehren in Virginia soll bald verboten werden, auch soll es strengere Bestimmungen geben für Waffenbesitz. Für die Waffen-Protestler in Richmond ein Angriff auf ihre fundamentalen Grundrechte.
«Das ist der Anfang, um alle unsere Waffen zu beschlagnahmen, in den ganzen USA», sagt Christine aus Georgia. Diese Theorie wird von der Waffen-Lobby NRA schon lange verbreitet.
Zeit, um aufzustehen
Was würde es für Christine denn bedeuten, wenn man ihre Waffen wegnehmen würde? «Ich will nicht sagen, dass es so wäre, wie wenn ich einen Arm oder ein Bein verlieren würde. Aber es wäre ein Stich mitten ins Herz», sagt die Armee-Veteranin.
Meine Waffen lagen 15 Jahre lang im Schrank, jetzt sind sie geputzt und geladen.
Auch Charles entsetzen die Pläne der Demokraten. Und er ist bereit aufzustehen. «Meine Waffen lagen 15 Jahre lang im Schrank, jetzt sind sie geputzt und geladen, ich habe mir eine kugelsichere Weste gekauft, um mich zu schützen», sagt der Mann aus Virginia. Und wappnet sich für einen Bürgerkrieg, den er nahe wähnt: «Schau dich doch um», sagt er. «Alle wollen dasselbe, lasst uns in Ruhe!»
Der Waffen-Lobbyist und Organisator des bewaffneten Protests, Philip van Cleave, steht in Anzug und Krawatte hinter Sicherheitsabsperrungen. Der Präsident von der «Virginia Citizens Defense League» spricht von einer Vervierfachung der Mitgliederzahlen, seit die Demokraten letzten November die Mehrheit in beiden Parlamentskammern von Virginia gewannen.
«Ich erreiche nun die Leute», sagt Van Cleave. Er hat am jährlichen Tag der offenen Türe im Parlament von Virginia zum Protest aufgerufen.
Im nahen Pocahontas-Gebäude stehen die Büros der Abgeordneten offen. Und dort, quasi in Deckung, finden sich junge Anti-Waffen-Aktivisten. Sie hätten aus Sicherheitsgründen schon die Nacht im Gebäude verbracht, sagt die Aktivistin Nupol Kiazolu von der Bürgerrechts-Organisation «Black Lives Matter»: «Wir wagen uns im Moment nicht raus auf die Strasse.»
Michael McCabe von der Anti-Waffen-Gruppe «March for Our Lives» hält die Milizen zwar für bedrohlich, aber politisch nicht relevant. Diese kleine, wenn auch laute Minderheit stehe strikteren Waffenkontrollen nicht im Weg, weder in Virginia noch den USA, ist er überzeugt.
Bereit für den Kampf
Draussen auf der Strasse herrschen andere Töne und Sitten. Ein republikanischer Abgeordneter klopft sich wie ein Gorilla in Kampfpose auf die Brust und brüllt der Menge zu. Die republikanische Senatorin Amanda Chase ruft etwas artikulierter zum Widerstand auf.
«Wir wollen, dass die Abgeordneten und der Gouverneur verstehen, dass die Leute nicht glücklich sind – und was geschieht, wenn man Patrioten ihre Rechte und Freiheiten wegnimmt», sagt die prononcierte Rechts-Politikerin, mit handgemachter USA-Ledertasche am Arm.
Über hundert Gemeinden in Virginia haben angedroht, strengere Waffengesetze nicht zu befolgen. Der Senat von Virginia hat sie bereits verabschiedet, das Repräsentantenhaus wird in diesen Tagen darüber abstimmen – und wahrscheinlich zustimmen. Die Menge in Richmond zeigt sich bereit für den Kampf.