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Ein schwarzer Mann in Militärkleidern und einem automatischen Gewehr gestikuliert
Legende: Boko-Haram-Anführer Abubakar Schekau will mit dem Schulterschluss mit dem IS Stärke demonstrieren. Reuters
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International Boko Harams Flucht nach vorne

Die Allianz zwischen Boko Haram und dem Islamischen Staat bringt zwei der gefürchtetsten Terrorgruppen zusammen. Was bedeutet der Schulterschluss für Afrika und den Nahen Osten? Ein Terrorismusforscher vom Genfer Institut für Sicherheitspolitik GCSP gibt Antworten.

«Wir schwören dem Kalifen Treue ... und werden auf ihn hören und ihm gehorchen.» Mit einer Audio-Botschaft verkündete die nigerianische Terrororganisation Boko Haram am Wochenende dem Islamischen Staat (IS) ihre Gefolgschaft. Gleichzeitig erschütterten drei Bombenanschläge die Stadt Maiduguri im Nordosten Nigerias. Mindestens 58 Menschen wurden getötet, 139 wurden verletzt.

Menschenmenge mit Plakaten und einer Länderflagge
Legende: «Alle vereint gegen Boko Haram»: Die Bevölkerung stellt sich auch in den Nachbarländern Nigerias gegen den Terror. Reuters

Allianz mit IS «keine Überraschung»

Bereits im Sommer hatte Boko Haram im Nordosten Nigerias ein islamisches Kalifat ausgerufen. Spekulationen über einen Schulterschluss der beiden Terrororganisationen befeuerten zuletzt auch die immer professionelleren Propaganda-Videos der nigerianischen Extremisten, die gemäss Experten unverkennbar die Handschrift der IS-Medienabteilung tragen.

Die Allianz zwischen Boko Haram und IS überrascht den stellvertretenden Leiter des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik GCSP daher nicht. «Das war nur eine Frage der Zeit», sagt Mohammad Mohamedou. Der ehemalige Aussenminister Mauretaniens hat sich intensiv mit terroristischen Gruppierungen in Afrika und dem Nahen Osten auseinander gesetzt und Bücher über Al-Kaida und die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA publiziert.

Unterstützung, Prestige und Rekrutierung

Der proklamierte Anschluss an das vom IS ausgerufene Kalifat richte sich dabei an verschiedene Adressaten: Erstens an den Islamischen Staat selber: «Wir unterstützen euch, ihr unterstützt uns», beschreibt der Terrorismusforscher die Botschaft.

Zweitens an den regionalen Widerstand, der sich aus nigerianischen Milizen und den Regierungen der involvierten Staaten zusammensetzt: «Schaut, wie mächtig wir sind, dass wir mit der grössten Terrororganisation der Welt zusammenarbeiten», analysiert Mahmedou.

Und drittens an mögliche Rekruten für die Ränge der nigerianischen Extremisten. Der Islamische Staat übe mit seinem Narrativ von Macht und der professionellen medialen Inszenierung eine grosse Anziehungskraft auf desillusionierte Jugendliche aus. Mit der Allianz wolle sich Boko Haram dieses Prestige für ihre eigenen Rekrutierungsbemühungen zunutze machen.

Botschaft soll «Stärke markieren»

Der Schulterschluss mit dem Islamischen Staat sei dabei ein Zeichen der Schwäche: «Je höher der Druck auf Boko Haram, desto mehr muss die Organisation davon ablenken», sagt Mahmedou. Tatsächlich trifft die Terror-Sekte vermehrt auf Widerstand. Nach der nigerianischen Regierung und Milizen aus der Bevölkerung kämpfen seit einiger Zeit auch die Armeen der Nachbarländer Tschad, Kamerun und Niger gegen Boko Haram.

Auch in Nigeria selber ist die Lage für die Islamisten unsicher, denn Ende März wird ein neuer Präsident gewählt. Der bisherige Staatschef, Jonathan Goodluck, hat im Kampf gegen den Terror im eigenen Land bislang versagt. Teile der Elite des Landes stehen zudem unter Verdacht, Boko Haram zumindest indirekt zu unterstützen. Das könnte sich mit den Wahlen bald ändern. Die Allianz mit dem Islamischen Staat sei daher ein Versuch, Stärke zu markieren und die Gegner einzuschüchtern, sagt Mohamedou.

Soldaten stehen in einer Reihe
Legende: Operation «Flintlock»: Jedes Jahr führt die US-Armee mit afrikanischen Partnern Anti-Terror-Manöver durch. Reuters

Terrornetzwerk bis nach Zentralafrika?

Sieht man sich die umfangreiche Liste der islamistischen Extremistengruppen an, die sich mit dem IS verbrüdert haben, entsteht leicht der Eindruck eines internationalen Terrornetzwerks, das sich vom Irak und Syrien über die arabische Halbinsel durch Ägypten, Libyen und Algerien zieht und nun eine Brücke über die Sahara nach Zentralafrika schlägt.

Ob der IS Boko Haram tatsächlich mit Kämpfern, Waffen oder finanziellen Mitteln unterstützen werde, sei aber fraglich, meint Mahmedou. «Der Fokus von Boko Haram wird auf dem angestrebten islamischen Kalifat in Nigeria bleiben». Bisherige Allianzen zwischen dem IS und anderen islamistischen Gruppierungen hätten zudem nicht zu einer starken operationellen Zusammenarbeit geführt.

Die Alliierten des IS

Algerien:
Bereits Mitte September 2014 schworen algerische Fraktionen der in Nordwestafrika aktiven Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI) dem IS die Treue. Die «Soldaten des Kalifats» enthaupteten einen entführten französischen Touristen im September 2014.
Tunesien: Im gleichen Zeitraum sprach die islamistische Organisation «Ansar al-Sharia» in Tunesien dem IS-Führer seine Unterstützung zu. Aus dem Land sollen bis zu 5000 Islamisten in den Kampf nach Syrien und den Irak gezogen sein.
Libyen:Ende Oktober leistete die im ostlibyschen Derna kämpfende Miliz «Schura-Rat der Jugend des Islams» dem IS einen Treueschwur.
Mitte Februar zeigte der libysche IS die Enthauptung von 21 entführten Ägyptern.
Ägypten: Seit Mitte November bezeichnet sich in Ägypten die Terrorgruppe Ansar Beit al-Makdis («Unterstützer Jerusalems») als «Provinz Sinai» des IS. Die Islamistentruppe verübt vor allem auf der Sinai-Halbinsel und in Kairo Anschläge auf das ägyptische Militär. Ein Teil der Gruppe soll sich in den Gazastreifen abgesetzt und dort den «Islamischen Staat in Gaza» ausgerufen haben.
Asien:Treueschwüre auf den IS gibt es auch von Islamisten in anderen Ländern, darunter Afghanistan und Pakistan. Die Dschihadistengruppe «Jemaah Islamiah», die hauptsächlich in Indonesien operiert und für den Anschlag in Bali mit über 200 Toten verantwortlich gemacht wird, hat sich ebenfalls dem Islamischen Staat angeschlossen.

500 Kämpfer getötet

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Sicherheitskräfte im westafrikanischen Land Niger sollen in den letzten Wochen 513 Kämpfer von Boko Haram getötet haben. Die Regionalisierung des Konflikts hat dazu geführt, dass die Terrororganisation nicht mehr nur von Nigeria bekämpft wird, sondern auch von den Armeen der Nachbarländer. Zuletzt erlitt Boko Haram mehrere militärische Niederlagen.

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