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Brasilien und die Waldbrände Löschhilfe für einen Brandbeschleuniger

Seit Wochen brennt der Amazonas. Und endlich scheint das auch den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zu interessieren. Er schickte per Dekret das Militär zum Löschen. Und er forderte am Sonntag seinen Justizminister auf, herauszufinden, wer denn hinter den massiven Brandlegungen am «Tag des Feuers» vor mehr als zwei Wochen steckt.

Doch es ist kaum anzunehmen, dass Bolsonaro sich wirklich um den Urwald sorgt. Umwelt- und Kontrollbehörden hat er systematisch geschwächt. Er plant, auch Indigenengebiete für den Bergbau zu öffnen. Eine wirtschaftliche Nutzung des Amazonas-Gebiets setzt er mit Fortschritt gleich.

Anfang August entliess er den Chef der brasilianischen Weltraumagentur INPE, als dieser auf Basis von Satellitenbildern eine rasante Zunahme der Abholzung konstatierte.

Angst vor wirtschaftlichen Nachteilen

Auch vor Bolsonaro wurde im Amazonas massiv abgeholzt. Doch durch seine Rhetorik heizt der brasilianische Präsident die Brandrodung weiter an.

Als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron letzte Woche ankündigte, die Amazonasbrände beim G7-Gipfel auf die Agenda zu setzen, reagierte Bolsonaro ungehalten. Er warf Macron Kolonialmentalität vor.

Wenn die G7-Staaten nun also Unterstützung bei der Bekämpfung der Feuer ankündigen, ist es Löschhilfe für einen Brandbeschleuniger. Zudem dürfte die Ankündigung von Macron, Hilfe bei der Wiederaufforstung leisten zu wollen, Bolsonaro ungefähr so froh stimmen wie eine saure Gurke auf einer Geburtstagstorte.

Sein Ziel ist es, die Amazonas-Region wirtschaftlich zu nutzen. Urwald braucht es dafür nicht. Sollte Bolsonaro eine Aufforstungshilfe tatsächlich annehmen, dann nur, weil er wirtschaftliche Nachteile fürchtet. Etwa, weil das Abkommen EU-Mercosur ins Wackeln geraten könnte.

Auch Bolsonaro-Anhänger wollen Abholzung stoppen

Zwar laden besonders eifrige Bolsonaro-Anhänger noch immer Internet-Videos hoch, in denen sie eine Amazonas-Aktivistin verhöhnen, weil sie sich neben Bäumen auch eine Giraffe auf den Körper malen liess.

Dennoch: Eine Umfrage des Instituts «IBOPE» zeigt, dass auch viele seiner Wähler sich von Bolsonaro wünschen, die illegale Abholzung im Amazonas zu stoppen. Am Wochenende gab es Proteste in über 70 brasilianischen Städten.

Drohender Image-Schaden

Auch wichtige Agrar-Business-Vertreter sorgen sich inzwischen um das Image Brasiliens – und dadurch sinkende Geschäftschancen. Auf so viel internationale Aufmerksamkeit wie derzeit würden sie lieber verzichten.

Sie wissen: Wer Soja und Rindfleisch exportieren will, sollte besser nicht als Umwelt-Terminator dastehen. Die Angst vor einem Boykott geht um. Einflussreiche, konservative Stimmen wie die der brasilianischen Farmer könnten mehr Druck auf Bolsonaro ausüben als das Ausland.

Karen Naundorf

Südamerika-Korrespondentin

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Karen Naundorf ist SRF-Korrespondentin in Südamerika, Standort Buenos Aires. Sie hat in Berlin und Barcelona Kommunikation studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und ist Fellow des Pulitzer Center on Crisis Reporting.

Sendebezug: SRF 4 News, 7.00 Uhr

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