- Die CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag hat ihren langjährigen Fraktionschef Volker Kauder gestürzt und Ralph Brinkhaus zum Nachfolger gewählt.
- Brinkhaus siegte überraschend in einer Kampfabstimmung mit 125 zu 112 Stimmen.
- Diese Entscheidung hat Signalwirkung: Der abgewählte Volker Kauder war ein Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Es ist eine Palastrevolution: Die CDU/CSU-Fraktion setzt mit Ralph Brinkhaus künftig auf einen jüngeren Fraktionschef und wählt den 69-jährigen Volker Kauder ab. Kauder war 13 Jahre lang im Amt, so lange wie Angela Merkel bereits Bundeskanzlerin ist.
Die Entscheidung in der Fraktion fiel mit 125 zu 112 Stimmen, zwei Abgeordnete enthielten sich. Die Botschaft der CDU- und CSU-Abgeordneten dürfte auch der CDU-Vorsitzenden Merkel gegolten haben. Nach zwei Regierungskrisen innerhalb weniger Monate spiegelt die Entscheidung Merkels schwindenden Rückhalt in ihrer Fraktion.
Aber nicht nur Merkel hatte für die Wiederwahl ihres langjährigen Vertrauten Kauder geworben. Auch CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprachen sich wiederholt für Kauder aus.
Aktivere Rolle für die Fraktion
Brinkhaus hatte seine Kandidatur unter anderem mit dem Wunsch nach einer aktiveren Rolle der Unionsfraktion gegenüber der Regierung begründet. Zudem warb der 50-Jährige für mehr Teamgeist. Wiederholt hatte er betont, seine Kandidatur richte sich nicht gegen Merkel.
Kauder hatte gesagt, er wolle die nächsten Jahre gemeinsam mit der Fraktion gestalten. Es komme entscheidend auf die Union an, wenn es darum gehe, die Arbeit der Koalition mit Augenmass zu prägen.
Zeichen gegen die Kanzlerin
Kauder war nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Bundestagswahl bei der Wiederwahl des Fraktionschefs ohne Gegenkandidat mit einem Ergebnis von nur 77 Prozent abgestraft worden. Zuvor hatte er meist Zustimmungswerte von weit über 90 Prozent erhalten – 2013 waren es sogar 97,4 Prozent.
Bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden wurde damit gerechnet, dass Abgeordnete gerade aus der seit langem Merkel-kritischen CSU-Gruppe ein Zeichen gegen die Kanzlerin setzen wollten und deshalb für Brinkhaus stimmten.
Niederlage eingestanden
Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel hat dem neuen Unions-Fraktionschef Brinkhaus zu seiner Wahl gratuliert und zugleich eine eigene Niederlage eingeräumt: «Das ist eine Stunde der Demokratie, in der gibt es auch Niederlagen, und da gibt es auch nichts zu beschönigen.»
Merkel hatte Kauder unterstützt und dankte ihm für seine Arbeit. «Trotzdem möchte ich, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erfolgreich weiterarbeitet und deshalb werde ich Ralph Brinkhaus, wo immer ich das kann, auch unterstützen.»