Mit 300'000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist das Burgenland an der Grenze zu Ungarn das kleinste Bundesland Österreichs. Einzigartig ist es auch mit seiner Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und den rechtsnationalen Freiheitlichen. Eine Beziehung, die im roten Wien schlicht undenkbar wäre und innerhalb der SPÖ entsprechend umstritten ist.
SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat das Burgenland in den letzten fünf Jahren nach rechts geführt. Ein Sieg der Sozialdemokraten bei den Landtagswahlen vom Sonntag würde nach Einschätzung von Experten seine rechte Position in der SPÖ stärken. Dies wiederum hätte wohl eine landesweite Signalwirkung, müssen sich doch die Sozialdemokraten für die Wiener Wahlen im Herbst neu ausrichten.
Die Burgenländer seien wohl eine Spur anders, sagt Wolfgang Weisgram, Burgenland-Korrespondent der Zeitung «Standard» und sieht Ähnlichkeiten zum Vorarlberg als anderem Randgebiet: Mit dem Unterschied, dass die Vorarlberger nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich weg- und die Burgenländer unbedingt dazugehören wollten. «Beide sind nicht ganz Österreicher, aber sind es geworden», konstatiert Weissgram.
Die Koalition der Sozialdemokraten ausgerechnet mit der FPÖ sei 2015 eben aufgegangen, stellt Weisgram fest. Mit Anteilen von über 40 Prozent für die SPÖ und 15 Prozent der Freiheitlichen seien die Kräfteverhältnisse klar gewesen. Dies im Gegensatz zur alten Zwangsproporz-Regierung zwischen SPÖ und ÖVP, die sich gegenseitig blockieren konnten.
Dass die Freiheitlichen im Burgenland eben anders seien, wird von der SPÖ immer wieder behauptet. Laut Weisgram war die dortige Freiheitliche Partei einst tatsächlich mit «allerlei grausligen Personen» durchsetzt. Das habe sich allerdings vor längerer Zeit geändert. Vorkommnisse im nationalsozialistischen Dunstkreis aus den letzten zehn Jahren seien ihm nicht bekannt. Darauf habe der jetzige FPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz sehr geachtet.
Gibt es eine weitere rot-blaue Runde?
Noch vor zwei Wochen hätte Weisgram eine weitere Regierungszeit von SPÖ und FPÖ im Burgenland bedenkenlos bejaht. Nun aber zögere Doskozil merklich und scheine nicht mehr ganz zufrieden zu sein – auch wegen der Umfragen, die den Freiheitlichen herbe Verluste voraussagten.
Allerdings habe Doskozil vor allem im letzten Jahr im Sozialbereich sehr forciert links politisiert und dies teilweise auch durchgesetzt. Als Beispiele nennt Weisgram den Mindestlohn von 1700 Euro netto in Landesdiensten und landesnahen Diensten sowie die Anstellung pflegender Angehöriger. Die Freiheitlichen hätten hier mitgezogen, was mit den Konservativen der ÖVP sicher nicht gegangen wäre.
Weisgram ist überzeugt, dass ein Erfolg der SPÖ im Burgenland die Ausrichtung der SPÖ beeinflussen würde. Zwar sei das Burgenland weder in Österreich noch in der Sozialdemokratie sonderlich «trendsetterisch» unterwegs. «Wenn aber Doskozil den Abwärtstrend der SPÖ stoppen kann, hat das zweifelsohne Auswirkungen auf den Wiener Wahlberbst und die gesamte sozialdemokratische Partei.»