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Chamenei bedient Feindbild Irans oberster Führer: Proteste sind vom Ausland gesteuert

  • In der Nacht soll es laut des staatlichen Fernsehens weitere neun Tote gegeben haben. Insgesamt sind bisher 19 Menschen umgekommen.
  • In Iran gibt es seit sechs Tagen regierungskritische Proteste.
  • Anfangs richteten sie sich vor allem gegen die hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Preise, unterdessen aber auch gegen die Führung des Landes.

«Die Feinde des Irans haben in den letzten Tagen den Unruhestiftern Geld und Waffen sowie politische Unterstützung zur Verfügung gestellt, um dem Iran zu schaden», sagte Ajatollah Ali Chamenei. Der oberste iranische Führer bezeichnete die Proteste gegen das islamische Establishment als vom Ausland gesteuert.

Auch der iranische Sicherheitsrat beschuldigte US-Präsident Donald Trump und Irans Erzfeind Saudi-Arabien. Sie steckten hinter den Unruhen. Präsident Hassan Rohani sagte hingegen, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen.

Seit dem Beginn der Proteste sind laut staatlichen Stellen mindestens 19 Menschen getötet worden. Alleine in der Hauptstadt seien in den vergangenen drei Tagen 450 Demonstranten verhaftet worden. In sozialen Netzwerken wird behauptet, dass die Polizei in Dutzenden Städten auf die Demonstranten schiesse. Nachrichtenagenturen berichten, die Demonstranten hätten staatliche Einrichtungen attackiert. Diese Berichte liessen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die Proteste hatten am Donnerstag begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Aussenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch.

SRF-Auslandredaktorin Iren Meier zu den Hintergründen

Die Menschen gehen in erster Linie wegen der schlechten wirtschaftliche Situation auf die Strasse. Beim ersten Protest in Maschad, der zweitgrössten Stadt des Landes, ging es um die immer höher werdenden Preise für Grundnahrungsmittel. Aber die Unzufriedenheit der Menschen geht weit darüber hinaus. Es geht um die soziale Ungerechtigkeit, um die grassierende Korruption und die riesige Arbeitslosigkeit. Viele Menschen im Iran haben gehofft, dass sich mit dem Atomabkommen und der Öffnung des Landes ihre Situation verbessern würde. Das ist nicht passiert. Die Wirtschaft wächst zwar, und die Inflation ist gesenkt worden. Doch ist die Situation in der unteren und mittleren Schicht unverändert.
Präsident Rohani versucht zwar, die Lage zu verbessern. Aber er hat einen sehr engen Spielraum. Intern hat er Feinde – die mächtigen Revolutionsgarden, die ihre Pfründe behalten wollen und Wirtschaftsreformen ablehnen. Und von aussen kommt der Druck von US-Präsident Trump, der das Atomabkommen aufzukündigen droht. Und wegen den USA ist der Iran auch noch nicht reintegriert ins globale Finanzsystem.

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