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Corona-Impfstoff US-Behörden empfehlen Aussetzung von Johnson & Johnson-Impfungen

  • Die US-Gesundheitsbehörde (CDC) hat eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson (J&J) empfohlen. Bei sechs Menschen waren nach der Impfung eine seltene Thrombose-Form aufgetreten.
  • Der Hersteller hat nun reagiert und die Auslieferung des Impfstoffes in Europa gestoppt.
  • Für die EU-Kommission kommt die Ankündigung «komplett unerwartet», sagte ein EU-Vertreter der Agentur Reuters. J&J müsse nun für Klarheit

    sorgen.

  • Die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic hat den Wirkstoff Ende März zugelassen, das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat bisher jedoch keine Impfdosen von J&J bestellt.

Der Impfstoff, von dem es nur eine Dosis braucht, war in den USA Ende Februar zugelassen worden. Bislang seien mehr als 6.8 Millionen Dosen des Impfstoffs in den USA gespritzt worden.

Derzeit würden sechs Fälle untersucht, bei denen es zwischen sechs und 13 Tagen später zu Sinusvenen-Thrombosen gekommen war. In drei Fällen sei zusätzlich eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden. Betroffen seien Frauen im Alter zwischen 18 und 48 Jahren, teilten die US-Gesundheitsbehörde (Centers for Disease Control and Prevention, CDC) und Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Eine Frau ist gestorben, eine weitere befindet sich laut FDA in einem kritischen Zustand.

Die Aussetzung des Vakzins von J&J in den USA ist laut den beiden Behörden aus einem «Übermass an Vorsicht» empfohlen worden. Die Massnahme werde voraussichtlich nur einige Tage aufrechterhalten. Die aufgetretenen Fälle müssten zuerst «komplett verstanden» werden.

Die Aussetzung der Impfungen hat nach Angaben des Corona-Koordinators der USA, Jeff Zients, keine bedeutenden Auswirkungen auf die Impfstrategie des Landes. Der Impfstoff mache bislang weniger als fünf Prozent aller verabreichten Impfungen aus.

«Für die USA leicht zu verkraften, aber dennoch ein Rückschlag»

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Einschätzung von USA-Korrespondent Thomas von Grünigen:

«Rein zahlenmässig ist die vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson für die USA leicht zu verkraften. Das Land hat genügend Dosen von Moderna und Pfizer bestellt.

Dennoch ist es ein Rückschlag. Denn die Impfung von Johnson & Johnson hat gerade für ein riesiges Land wie die USA einen grossen Vorteil: Weil nur eine Dosis nötig ist, können damit schwer erreichbare Personengruppen relativ leicht geimpft werden: Menschen in abgelegenen Regionen, Angehörige indigener Stämme oder Obdachlose.

Vor allem aber erhält die bisher fast makellose US-Impfkampagne nun einen weiteren kleinen Kratzer, nachdem vor zwei Wochen in einem Werk in Baltimore, Maryland, Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson durch einen Fehler zerstört worden waren.

Dabei hängt der Erfolg der Impfkampagne stark vom Vertrauen der Bevölkerung ab, insbesondere bei impfskeptischen Angehörigen von Minderheiten sowie in christlich-konservativen Kreisen.»

Auslieferung in Europa verschoben

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte vergangene Woche mitgeteilt, Fälle von Thrombosen nach einer Impfung mit dem Vakzin von J&J zu prüfen. Es seien vier ernsthafte Fälle von Blutgerinnseln aufgetreten, eine Person sei gestorben. Die Behörde hatte betont, dass ein Zusammenhang mit dem Impfstoff noch nicht festgestellt worden sei.

Johnson & Johnson hat nun umgehend reagiert und die Lieferung des im März zugelassenen Impfstoffes in Europa gestoppt. Die EU-Kommission erwartet bis Ende Juni 55 Millionen Dosen des Impfstoffs.

Für die EU-Kommission kommt die Ankündigung des US-Konzerns, die Impfstofflieferungen in die EU, «proaktiv» zu verzögern, «komplett unerwartet». Das sagte ein EU-Vertreter der Agentur Reuters. J&J müsse nun für Klarheit sorgen.

«Die EU hat nun einen zweiten Impfstoff, der Sorgen bereitet»

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Einschätzung von EU-Korrespondent Michael Rauchenstein:

In Brüssel wartet man ungeduldig auf die Auslieferung des Johnson & Johnson-Impfstoffs aus den USA. Die EU-Kommission hat grosse Erwartungen an das zweite Quartal, da mit dem Johnson & Johnson-Vakzin ein weiterer Impfstoff verimpft werden kann und so auch die Impfstrategie der EU besser als bisher bewertet werden soll.

Die Meldung aus den USA vom Dienstag wird für Unruhe in Brüssel sorgen. «Nicht schon wieder», wird man wohl denken, da die EU noch im März eigene Probleme mit dem Impfstoff von Astra-Zenenca hatte.

Die EU wird folglich neben dem Impfstoff von Astra-Zeneca einen weiteren Impfstoff im Sortiment haben, der nicht nur der EU-Kommission in Brüssel, sondern auch den Mitgliedstaaten Sorgen bereitet.

Im März hatten mehrere Länder in Europa die Impfungen mit dem Produkt des Herstellers Astra-Zeneca vorübergehend ausgesetzt. Hintergrund war eine auffällige Häufung von Sinusvenen-Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen und Blutungen kurz nach der Impfung.

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SRF 4 News 13.04.2021; 15:00 Uhr ; 

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