Virginia Raggi hat sich bei der Stichwahl um das Stadtpräsidium Roms durchgesetzt. Die 37-jährige Rechtsanwältin von der Protestbewegung Cinque Stelle erhielt 67,2 Prozent der Stimmen. «Es ist ein historischer Moment», sagte Raggi.
Raggi ist die erste Frau in der 2500-jährigen Geschichte Roms, die Stadtpräsidentin wird. Der Wahlsieg ist zudem ein bedeutender Durchbruch für die Protestpartei des einstigen Kabarettisten Beppe Grillo. Roberto Giachetti von der Partito Democratico von Regierungschef Matteo Renzi hat seine Niederlage eingeräumt. Er erhielt 32,8 Prozent der Stimmen.
Politisch unerfahren
Vor drei Jahren noch kannte niemand Virginia Raggi. Die 37-jährige Anwältin und Mutter stieg innert Kürze zum Star auf, stets begleiten sie Dutzende Journalisten. Das hat auch mit ihrer Person zu tun. Sie wirkt ehrlich und authentisch. Obwohl sie kaum politische Erfahrung hat, gab ihr die Mehrheit ihre Stimme. Die Römer haben genug von der jetzigen Verwaltung.
Rom leidet schon lange unter Dreck, Smog, Korruption und verstopften Strassen. Und: Die Ewige Stadt gilt als nahezu unregierbar. Teile der öffentlichen Aufgaben sind mafiös unterwandert und wurden teilweise zu Selbstbedienungsläden für Politiker und ihre Klientel umfunktioniert.
Beim Thema Korruption ist Raggi bisher stets vage geblieben. Sie habe die Gewissheit, saubere Hände zu haben und niemandem etwas schuldig zu sein, sagte sie. Um den römischen Sumpf trockenzulegen, braucht es mehr – und auch mehr Erfahrung, sagen Experten. Entscheidend werde sein, welche Berater Raggi um sich haben wird.
Tiefe Wahlbeteiligung
Die Bürgermeisterwahlen gelten als wichtiger Stimmungstest für Renzis Mitte-Links-Regierung. Im Vergleich zur ersten Runde Anfang Juni lag die Wahlbeteiligung bei den Stichwahlen noch einmal deutlich niedriger, nämlich bei lediglich 50,5 Prozent. Landesweit waren fast neun Millionen Wähler aufgerufen, an die Urnen zu gehen.
SRF-Rom-Korrespondent Franco Battel zu Renzis Zukunft
Wie hart trifft der Sieg von Cinque Stelle in Rom Renzi und seine Partei? | Franco Battel: Dass der Partito Democratio Rom verliert, ist keine Überraschung. In Rom ist der Partito Democratio in Skandale verwickelt. Die Partei ist ein Teil der Mafia Capitale, dieses Korruptionssumpfes, in dem die Hauptstadt steckt. Doch in Turin ist der Partito Democratico recht erfolgreich gewesen und hat gut regiert. Dort, aber auch anderswo zeigt sich eine Unzufriedenheit, die Renzi sehr ernstnehmen muss. Es geht vor allem um die Wirtschaft in Italien, denn die wächst kaum. Die Löhne bleiben tief und die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. |
Im Herbst stimmt Italien über eine Verfassungsänderung ab. Könnte es knapp werden? | Es könnte tatsächlich knapp werden, denn Renzi hat dieses Verfassungsreferendum zu einer Schicksalsfrage über sein eigenes Schicksal gemacht. Das war vielleicht ein Fehler, sicher aber war es ein Risiko. Denn den Senat zu entmachten und die italienische Politik zu vereinfachen, könnte durchaus populär sein. Doch wenn es im Herbst nicht um den Inhalt, sondern um ein Vertrauensvotum für Renzi geht, sieht es anders aus. Denn die Zustimmung zu Renzi und zum Partito Democratio bröckelt. |