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Einsatz in Afghanistan Australische Soldaten töteten Menschen, die sich ergeben hatten

Neuer Bericht: Australische Armeeangehörige haben beim Einsatz in Afghanistan mutmasslich Kriegsverbrechen begangen.

Worum geht es? Australische Soldaten haben einem Untersuchungsbericht zufolge bei ihrem Einsatz in Afghanistan Kriegsverbrechen begangen. 25 Mitglieder einer Sondereinheit hätten mindestens 39 Zivilisten und Gefangene, unter ihnen Jugendliche, «unrechtmässig» getötet. Vorgesetzte sollen zum Teil davon gewusst haben. Das sagte der Chef der Streitkräfte, Angus Campbell, in Canberra bei der Veröffentlichung eines Berichts zum Verhalten australischer Soldaten im Afghanistankrieg.

Was sind die Vorwürfe? Die Details sind geheim. Laut Medienberichten wurden aber Zivilisten, die sich ergeben hatten und nachweislich nichts mit der Taliban zu tun hatten, zu Opfern. Eine gängige Praxis war offenbar auch, dass Gruppenführer und Kameraden neue Soldaten in den Eliteteams dazu anstifteten, einen Gefangenen als Einführung in die Truppe zu töten.

Angus Campbell
Legende: Generalinspektor Angus Campbell sagte, die Ergebnisse des Berichts wiesen auf «schwerste Verstösse» hinsichtlich militärischen Verhaltens und professioneller Werte hin. Reuters

Es seien Beweise gefunden worden, die zeigten, dass Soldaten versucht hätten, die Verbrechen zu vertuschen. Sie hätten Waffen, Funkgeräte und Granaten neben den Leichen afghanischer Zivilisten platziert, um es so aussehen zu lassen, als seien sie «im Kampf getötete Feinde». Das sei ein klares Beispiel für die «egozentrische Kriegerkultur» in der Armee, sagte Campbell. Stimmen diese Vorwürfe, so wären das Kriegsverbrechen.

Wie reagiert die Öffentlichkeit? Der Premierminister Australiens, Scott Morrison, hatte seine Landsleute schon letzte Woche darauf vorbereitet, was in dem Bericht stehen würde. Er sagte, es würden schwierige und brutale Wahrheiten ans Licht kommen. Durch diese frühzeitige Warnung ist der Schock nun nicht so gross, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.

Über 400 Zeugenaussagen aufgenommen

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Für den lang erwarteten Bericht war der Generalinspektor des australischen Militärs, Angus Campbell, vier Jahre lang Hinweisen auf unrechtmässige Tötungen und Verstösse gegen das Kriegsvölkerrecht zwischen 2005 und 2016 nachgegangen.

Mehr als 400 Zeugen wurden angehört, in 57 Fällen Ermittlungen aufgenommen. Im Bericht werde eine Kultur «toxischen Konkurrenzdenkens» innerhalb der Sondereinheit skizziert, die dazu geführt habe, dass einige Soldaten Verfahren abgekürzt, Regeln ignoriert und gebeugt hätten, sagte Campbell.

Keine dieser «unrechtmässigen Tötungen» sei «in der Hitze des Gefechts» passiert. «Im Gegenteil: Die Soldaten töteten in aller Ruhe, und sie wussten ganz genau, dass es illegal war.»

Jede Person, mit der gesprochen wurde, habe das Kriegsvölkerrecht und die Einsatzregeln, unter denen sie im Einsatz war, gekannt. Damit gebe es «glaubwürdige Informationen» zur Untermauerung der Behauptung, dass australische Soldaten «unrechtmässig» getötet hätten.

Generell wird der Bericht von Fachleuten, von Juristen, aber auch von Armeeangehörigen begrüsst. Auch Armeechef Campbell zeigte sich froh über diese Untersuchung. Er sei zufrieden damit, auch wenn er erschüttert sei über die Details in jenem Teil, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.

Weshalb erscheint der Bericht jetzt? «Ganz einfach: Öffentlicher Druck», sagt Australien-Korrespondent Urs Wälterlin. Berichte über Verfehlungen wurden immer häufiger. Es gab Whistleblower, die erzählten, wie einige Elitetruppen grausam mit Gefangenen umgegangen seien. Eine wichtige Rolle spielten dabei offenbar die Helmkameras der Soldaten. Diese Filme zeigten Furchtbares: «Ich erinnere mich an eine Szene, in der ein Soldat einen in ein Feld geflüchteten Jugendlichen ausserhalb eines Dorfes kaltblütig erschoss, obwohl dieser sich ergeben und um sein Leben gebettelt hatte.»

Bericht mit geschwärzten Stellen
Legende: Teile des Berichts werden nicht öffentlich gemacht. Doch was bekannt ist, ist verstörend. Reuters

Wie geht es weiter? Die Angelegenheit wurde zur strafrechtlichen Untersuchung an die Bundespolizei überwiesen. Den insgesamt 19 Männern drohen im Fall einer Verurteilung lebenslange Haft wegen Mordes oder 25 Jahre Gefängnis wegen sogenannter grausamer Behandlung von Gefangenen und Zivilisten. Zudem sollen die Opfer und ihre Familien entschädigt werden.

Campbell entschuldigte sich beim afghanischen Volk «für jegliches Fehlverhalten australischer Soldaten». Der Chef der Verteidigungsstreitkräfte sagte, er werde «so schnell wie möglich mit der afghanischen Regierung zusammenarbeiten», um einen Plan für Entschädigungen zu entwickeln.

Noch 1550 australische Soldaten in Afghanistan

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Australien hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Truppen nach Afghanistan entsandt. Sie waren Teil des von den USA geführten internationalen Militäreinsatzes zum Sturz der Taliban-Herrschaft am Hindukusch. 2013 zog Australien einen Grossteil der Truppen ab. Derzeit befinden sich rund 1550 australische Soldaten in dem Land. Die USA verringern derzeit ihre Militärpräsenz in Afghanistan. Bei Gesprächen in Katar wird ein Friedensabkommen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban angestrebt. Letztere beherrschen wieder grosse Landstriche.

SRF 4 News, 19.11.2020, ; 

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