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EU-Gipfel in Brüssel Keine Einigung zu Beitrittsgesprächen mit Balkan-Staaten

  • Der EU-Gipfel hat keinen Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien gefasst.
  • Die EU-Kommission hatte den Ländern bereits 2018 bescheinigt, alle notwendigen Reformen für Gespräche umgesetzt zu haben.

Die Staats- und Regierungschefs konnten sich in der Nacht zum Freitag nach sechsstündigen Beratungen in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Frankreich führte erneut die Front der Gegner von Beitrittsverhandlungen an. Ein EU-Diplomat sprach von einer «sehr emotional geführten» Debatte. Ein Text zum Thema sei nicht vereinbart worden.

Keine Plattform für Populisten

Zu den offenen Gegnern einer Aufnahme von Beitrittsgesprächen gehörten neben Frankreich auch die Niederlande und Dänemark. Andere Länder verstecken sich dahinter oder signalisieren sogar Offenheit – im Wissen darum, dass es ohnehin Einstimmigkeit bräuchte.

Letztlich sei die Ablehnung in den drei Ländern innenpolitisch begründet, erklärt SRF-Brüssel-Korrespondent Charles Liebherr. Damit soll verhindert werden, dass die starken populistischen und auch rechtsnationalen Parteien in den betreffenden Ländern eine willkommene Plattform für laute Kritik erhalten.

Frankreich hält Reformen innerhalb der EU für dringlicher als die Frage der Aufnahme neuer Mitglieder.
Autor: Charles Liebherr SRF-Korrespondent, Brüssel

Zudem will der französische Präsident Emmanuel Macron den ganzen Prozess bei Beitrittsverhandlungen neu definieren. Er wünscht sich eine EU, die schneller entscheiden und mutige Reformen verabschieden kann. Je grösser der Klub der EU aber werde, desto schwieriger würden solche Entscheidungen unter den aktuellen Voraussetzungen, so Liebherr. Frankreich halte Reformen innerhalb der EU für dringlicher als die Frage der Aufnahme neuer Mitglieder.

Deutschland: Kleine, abgestimmte Schritte

Frankreich macht sich zugleich stark für einen klaren einheitlichen Kriterienkatalog, dafür kürzere Verhandlungszeiten bis zum Beitritt. Die Gruppe um Deutschland hingegen bevorzugt eher eine Strategie der kleinen Schritte , um Beitrittskandidaten langsam an die EU heranzuführen. Berlin differenziert auch länderspezifische Voraussetzungen, die zu erfüllen sind.

Letztlich hätte beide Seiten valable Argumente und die EU hat schon beide Wege beschritten, sagt Liebherr mit Blick auf die Osterweiterung oder die Türkei. Was besser sei, lasse sich nicht sagen: «Politik ist immer auch eingebettet in einen Zeitgeist. Aktuell ist die EU stark mit sich selber beschäftigt, und es ist wenig Kraft erkennbar, in grossen Schritten gemeinsam vorwärtszugehen.»

Die EU-Kommission hatte Albanien und Nordmazedonien bereits 2018 bescheinigt, alle notwendigen Reformen für Beitrittsgespräche umgesetzt zu haben. Die Mitgliedstaaten verschoben nun zum dritten Mal ihre Entscheidung über den Start.

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