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Europa/Afrika-Gipfel in Wien «Wir sprechen mit Afrika über weit mehr als nur Migration»

Am EU-Afrika-Forum wurden mehr Investitionen europäischer Firmen in Afrika gefordert – auch um den Nachbarkontinent nicht alleine China zu überlassen. Afrika-Expertin Evita Schmieg sieht die Beziehungen zu Afrika als Chance.

Evita Schmieg

Afrika-Expertin

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Evita Schmieg ist Afrika-Expertin an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Sie forscht unter anderem auf der Gebiet der Aussenwirtschaftspolitik der EU und hat kürzlich eine Publikation zu europäischen Investitionen in Afrika veröffentlicht.

SRF News: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bezeichnete Europa und Afrika heute als Schicksalsgemeinschaft. Wie meint er das?

Evita Schmieg: Die politische und wirtschaftliche Zukunft von Afrika und Europa ist eng verbunden. Wenn wir globale Probleme wie den Klimawandel, die Sicherheit oder den Terrorismus angehen wollen, dann brauchen wir dazu auch unseren Nachbarkontinent Afrika. Denn wir sprechen mit Afrika über weit mehr als nur Migration.

Die Bevölkerung Afrikas wird sich bis 2050 etwa verdoppeln.

Europa strebt mehr Investitionen in Afrika an. Mit welchem Ziel?

Europa hat ein Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika. Die Bevölkerung Afrikas wird sich bis 2050 etwa verdoppeln. Für Afrika selbst sind private Investitionen, auch aus dem Ausland, enorm wichtig, um Arbeitsplätze zu schaffen. So kann sich die Wirtschaft Afrikas in den kommenden Jahrzehnten rasant entwickeln. Damit und wegen der schnell wachsenden Mittelschicht, wird Afrika auch als Absatzmarkt für deutsche und europäische Firmen interessant. Das Interesse ist also gegenseitig.

Weshalb sind denn diese so wichtigen Investitionen bisher ausgeblieben?

Hierzu muss ich sagen, dass Europa in Afrika punkto Investitionsbestände noch immer am stärksten engagiert ist. Richtig ist aber, dass China bei den Neuinvestitionen in den letzten Jahren sowohl Europa als auch die USA abgehängt hat. Einer der Gründe hierfür ist, dass in Ländern wie Deutschland vor allem kleine und mittelgrosse Unternehmen agieren. Für diese sind Investitionen in Afrika oftmals zu riskant.

Für kleine und mittelgrosse Unternehmen sind Investitionen in Afrika oftmals zu riskant.

Damit sich das ändert, braucht es Rechtssicherheit, politische Stabilität und auch mehr staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Der Europäische Investitionsfonds und der «G20 Compact with Africa» arbeiten an diesen Voraussetzungen für mehr Investitionen von privater Seite.

Weshalb hat China denn so viel in Afrika investiert?

Heute vor 40 Jahren hat China beschlossen, die Wirtschaft nach aussen zu öffnen. Jetzt will China die entstandenen Handelsüberschüsse aus dem Aussenhandel anlegen – das passiert mitunter in Afrika. Teilweise kann man sich aber fragen, ob der Nutzen dieser Investitionen gegenseitig ist. Ein Beispiel: Oftmals müssen afrikanische Staaten im Rahmen solcher Investitionsverträge die notwendigen Lieferungen aus China importieren.

Hat es ein chinesischer Staatsbetrieb leichter als eine private europäische Firma?

Das ist anzunehmen. Ursprünglich ging es China in Afrika vor allem um Rohstoffe. Heute geht es mehr um den Aussenhandel und um Infrastrukturprojekte für die Realisierung der neuen Seidenstrasse. China kann seine Investitionen in Afrika an politischen Interessen ausrichten und strategisch einsetzen. In Europa hingegen agiert die Wirtschaft privat. Länder können deshalb bestenfalls Anreize für Firmen setzen, um in Afrika zu investieren.

Das Gespräch führte Marco Schnurrenberger

Der EU-Afrika-Gipfel in Wien

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Seit Dienstag findet in Wien das zweitägige EU-Afrika-Forum in Wien statt. Spitzenpolitiker aus 20 Ländern sind vertreten. Aber auch die Chefs vieler grosser Firmen.

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