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Europäische Gesetzgebung Polizei darf Daten auch bei leichten Delikten einsehen

Das Wichtigste in Kürze

  • Entscheid des EuGH: Auch bei einer leichten Straftat – wie beispielsweise bei einem Raub – ist die Polizei berechtigt, Daten von den Dienstleistungsanbietern zu verlangen.
  • Irrtümlich ging die spanische Polizei davon aus, dass dies nur für schwere Straftaten gelte.

Ausgangspunkt ist ein Raub in Spanien. Jemand stiehlt eine Tasche, und damit auch das Handy in der Tasche. Im Anschluss benutzt der Räuber das gestohlene Handy. Die Polizei nimmt Ermittlungen auf und stellt beim Ermittlungsrichter einen Antrag.

Die Polizei möchte die Personen identifizieren können, die in den ersten zwölf Tagen nach dem Raub vom gestohlenen Handy kontaktiert worden sind. Die Polizei stellt den Antrag, dass das Kommunikationsunternehmen die Identifikationsdaten – Namen, Vornamen und Wohnadresse – dieser Personen rausrücken müsse.

Daten nur bei schweren Straftaten

Der zuständige Ermittlungsrichter aber lehnte ab. Er sagte, gemäss spanischem Recht dürfen nur bei schweren Straftaten solche Identifikationsdaten der Polizei übergeben werden. Der Raub einer Tasche sei aber keine schwere Straftat.

Darauf wollte es das Bezirksgericht der Region Tarragona genauer wissen und fragte beim Europäischen Gerichtshof nach, ab wann eine Straftat als so schwer einzustufen sei, dass solche Identifikationsdaten der Polizei übergeben werden müssen.

EuGH: Zugriff bei jeder Straftat

Der Europäische Gerichtshof korrigiert nun in seinem Urteil den Ermittlungsrichter. Er sagt nämlich, das europäische Recht beschränke den Zugang zu Identifikationsdaten nicht auf schwere Straftaten. Vielmehr sollen die Ermittlungsbehörden grundsätzlich bei jeder Straftat Zugang zu solchen Daten haben.

Natürlich muss jeder Einzelfall überprüft werden; die Herausgabe des Vornamens, des Namens und der Adresse ist immer ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, er muss immer verhältnismässig sein. Aber grundsätzlich gilt nun in der gesamten EU, dass die Ermittlungsbehörden auch bei leichteren Straftaten Zugang zu solchen Daten haben.

Unterscheidung bleibt bestehen

Es gibt aber weiterhin einen zentralen Unterschied zwischen leichten und schweren Straftaten. Der EuGH hat bereits in einem früheren Urteil entschieden, dass bei schweren Straftaten die Ermittlungsbehörden auch personenbezogene Daten einfordern können. Sie liefern auch Informationen über das Privatleben einer Person, über die modischen Vorlieben, die sexuelle Orientierung, die politische Orientierung.

Bei leichten Straftaten haben die Ermittlungsbehörden weiterhin keinen Zugang zu solchen Informationen. Es geht beim heutigen Urteil um Namen, Vornamen, Adressen. Auch diese können bei der Verfolgung einer Straftat, zum Beispiel nach dem Raub einer Tasche, hilfreich sein.

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