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«Das Waffenembargo gegen Sudan ist wirkungslos»
Aus Echo der Zeit vom 11.06.2017. Bild: Keystone
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Trotz EU-Waffenembargo Europäisches Kriegsmaterial im Sudan-Konflikt

Conflict Armament Research hat die Waffen in der Krisenregion untersucht. In der Verantwortung stünde auch Europa, sagt CAR-Wissenschaftlerin Justine Fleischner.

SRF: Seit Jahren kämpft die sudanesische Armee gegen Aufständische. An Waffen-Nachschub fehlt es der Armee trotz Embargos der EU und der UNO offensichtlich nicht?

Justine Fleischner: Der Sudan versucht seit Jahren, die eigene Rüstungsproduktion anzukurbeln. Der Verkauf von Rüstungsgütern soll Geld in die Kasse der Regierung spülen. Wir finden sudanesische Waffen nicht nur auf den Schlachtfeldern in Afrika und im Nahen Osten, sondern ganz offiziell an Waffenmessen, wo der Sudan Waffen, Militärfahrzeuge, gar Flugzeuge ausstellt – mit der Absicht, diese Produkte auf dem internationalen Markt zu verkaufen.

CAR-Untersuchungen im Sudan

Die Nichtregierungsorganisation Conflict Armament Research (CAR) hat in den sudanesischen Konfliktgebieten untersucht, woher das Kriegsmaterial stammt, das trotz Embargos der Europäischen Union und der Vereinten Nationen reichlich vorhanden ist. Zur Analyse der Befunde seien sämtliche gefundenen Waffen fotografiert und per GPS lokalisiert worden, sagt die wissenschaftliche CAR-Sudan-Expertin Justine Fleischner.

Was für Waffen setzt die Armee im Sudan-Konflikt selber ein?

Die Waffenfunde in den sudanesischen Konfliktregionen wie zum Beispiel in den Nuba-Bergen können generell in drei Kategorien geteilt werden: Erstens sind es im Sudan produzierte Waffen, zweitens haben wir chinesische Waffen gefunden und die dritte Kategorie betrifft Waffen, die seit langem im Einsatz sind und vor den EU- und Uno-Embargos ins Land kamen.

Bei Ihrer Untersuchung sind sie auch auf Waffen aus Europa gestossen. Was für Waffen sind das?

Vor dem EU-Embargo (1994, d. Red.) gab es einen Waffentechnologie-Transfer aus Bulgarien. Es ging um die Produktion von Mörsergranaten. Diese werden in grossen Mengen nicht nur im Sudan, sondern in der ganzen Region eingesetzt.

Mörsergranaten sind eine europäische Hinterlassenschaft, die man in diesen Konflikten immer noch antrifft.

Und in letzter Zeit werden vermehrt ausgemusterte europäische Militärfahrzeuge eingesetzt. Diese wurden an den Sudan verkauft für eine zivile Nutzung. Doch die sudanesische Regierung hat diese Fahrzeuge wieder militärisch instand gesetzt, und sie werden jetzt wieder für Kämpfe gebraucht. Das ist eine Verletzung des EU-Embargos.

Wissen Sie, woher konkret diese Lastwagen kommen?

Wir konnten eine niederländischen Firma identifizieren, die ausgemusterte Militärfahrzeuge geliefert hatte. Diese Militärlastwagen hat die Regierung in den Nuba-Bergen eingesetzt.

Niederländische Export-Bewilligungen klebten noch an den Windschutzscheiben.

Unsere Recherchen haben hoffentlich zur Folge, dass die niederländische Regierung ihre Regeln bei den Exportbewilligungen von ausgemusterten Militärfahrzeugen überdenkt.

Organisationen wie Amnesty International beklagen die löchrigen Embargos schon seit Jahren. Sehen Sie die Möglichkeit für eine wirksame Durchsetzung?

Das Problem beim Sudan ist: Wir haben ein Patchwork an Sanktionen und Waffenembargos. Das Waffenembargo des Uno-Sicherheitsrates betrifft nur die Region Darfur. Man kann Waffen nach Khartum verkaufen, diese sollten dann nicht nach Darfur gebracht werden. Dann gibt es auch ein EU-Embargo, das die Mitglieder durchzusetzen versuchen. Aber es gibt kein effektives internationales Embargo. Eine konkrete Möglichkeit ist es, die bestehenden Regeln strenger umzusetzen. Man müsste auch sorgfältiger prüfen, was zivile und was militärische Güter sind.

Und wer könnte das umsetzen und kontrollieren?

Das ist eine Frage an die Entscheidungsträger. Es gibt mehrere Ebenen, auf denen man aktiver sein könnte: Im UNO-Sicherheitsrat oder bei der EU. Die USA haben ihre Sanktionen kürzlich gar teilweise aufgehoben. Auch könnten einzelne Staaten restrikiver sein bei ihrer Beurteilung, welche Exporte zivil und welche militärisch sind.

Das Gespräch führte Samuel Wyss

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