In der Zentrale der griechischen Regierungspartei Syriza in der Athener Innenstadt geht die ehrenamtliche Helferin die Wahlkampfveranstaltungen von Yonous Mohammadi durch: Am Abend eine Veranstaltung in der Stadt Pallini, am nächsten Morgen ein Besuch in der Athener Kinderklinik, am Nachmittag ein Auftritt im Athener Vorort Chalandri.
Der schlanke Mann in hellgrünem Hemd und Stoffhose nickt zustimmend: «Ich freue mich sehr auf diese Veranstaltungen. Gerne möchte ich mit noch mehr Menschen in Kontakt kommen», sagt er. Erst gestern kehrte er aus Nordgriechenland zurück. Auf den Ägäis-Inseln war er bereits. Sein Ziel: Ein Sitz im neuen Europaparlament, das nächste Woche gewählt wird.
Flucht vor den Taliban vor 20 Jahren
Mohammadi ist unermüdlich. Der Menschenrechtsaktivist engagiert sich seit Jahren für Flüchtlinge. Seit einem halben Jahr berät er die Europäische Agentur für Grundrechte. Er ist zudem Mitbegründer des griechischen Flüchtlingsforums, einer Dachorganisation aller Flüchtlingsgemeinden in Griechenland.
Was es bedeutet, Flüchtling zu sein, weiss der heute 45-Jährige aus erster Hand. Denn auch floh einst aus seiner Heimat Afghanistan vor den Taliban. Das ist nun rund 20 Jahre her.
Warum die Menschen fliehen, interessiert die meisten europäischen Regierungen wenig.
Über die Entwicklungen in der europäischen Flüchtlingspolitik äussert er sich sehr besorgt. Inbesondere, dass die traditionellen rechten Parteien die rechtsextreme Hassrhetorik übernehmen. Das sei in Griechenland so und in anderen europäischen Ländern auch. «Statt sich gegen die Rechtsradikalen zu stellen, übernehmen die konservativen Parteien deren Argumente, damit ihnen die Wähler nicht davonlaufen», konstatiert Mohammadi.
Gerade in der Migrationspolitik sei das gut zu sehen: «Warum die Menschen aus ihren Heimatländern fliehen, interessiert die meisten europäischen Regierungen wenig.» Alles drehe sich um besseren Grenzschutz, damit die Flüchtlinge möglichst gar nicht nach Europa kommen könnten oder an der EU-Aussengrenze blieben – in Ländern wie Griechenland.
«Europäische Solidarität sieht anders aus»
Europäische Solidarität sehe anders aus, kritisiert der gebürtige Afghane: Griechenland habe als EU-Land auch einen Teil der Verantwortung zu tragen. Doch es sei weder ein rein nationales Problem, noch reiche es, einem Land Geld zu geben, um das Problem nach aussen zu verlagern. Es brauche eine Lösung auf EU-Ebene.
Ich werde mich weiterhin für die Menschenrechte einsetzen.
Mit seiner Kandidatur wolle er denjenigen, die sonst keine Stimme in Europa hätten, eine Stimme geben, sagt Mohammadi. Er will anderen Flüchtlingen Mut machen. Auf der Liste der linken Syriza fürs Europaparlament sind insgesamt 42 Kandidatinnen und Kandidaten, darunter auch bekannte Schauspieler und Musiker.
Angesprochen auf seine Chancen bei der Wahl sagt er: «Das ist für mich kein Selbstzweck. Ob ich gewählt werde oder nicht – ich werde mich weiterhin für die Menschenrechte einsetzen.» Mohammadi will weiterhin in der griechischen Politik mitmachen. Die kommenden Parlamentswahlen im Herbst wären bereits die nächste Gelegenheit.